“Seit Jahren wandert er über ein Hochplateau musikalischer Reife”, schrieb Bert Noglik einmal in der Jazzzeitung über
Charles Lloyd. “In seiner Musik findet sich beides: meditative Konzentration und ekstatische Verausgabung. Charles Lloyd singt auf seinem Saxophon, und er erzählt Geschichten, die sich mit einem an Erfahrungen reichen Leben verknüpfen.” Nogliks Worte beschreiben geradezu perfekt die Musik, die Lloyd nun auf seinem neuesten Live-Album “
Wild Man Dance” vorstellt. Die sechsteilige Suite, die er 2013 als Auftragskomposition für das
Jazztopad Festival in Breslau schrieb, ist wechselweise elegant, turbulent, dynamisch, meditativ, friedvoll und bewegend. Der mittlerweile 77-jährige Saxophonist, einer der letzten Mystiker des Jazz, präsentierte sich bei dieser Gelegenheit mit einem neuen Quartett, bestehend aus Pianist
Gerald Clayton, Bassist
Joe Sanders und Schlagzeuger
Gerald Cleaver, sowie zwei ganz besonderen Gästen: dem griechischen Lyra-Virtuosen
Sokratis Sinopoulos und dem ungarischen Cimbalom-Maestro
Miklós Lukács.
Eigentlich hatte er das neue Quartett um ein Streichquartett erweitern wollen. “Ich hatte den Klang von Saiteninstrumenten im Kopf”, erläutert er. “Aber nach einer Weile schwebten mir andere Saiteninstrumente vor, die tonal und strukturell interagieren konnte – Klaviersaiten, Basssaiten, die mit einem Bogen gespielten Saiten der Lyra und die mit Schlegeln angeschlagenen Saiten des Cimbalom.” Mit Sinopoulos hatte Lloyd schon früher zusammengearbeitet. Lukács lernte er erst 2012 durch zwei ungarische Tarogato-Spieler kennen, mit denen er bei einem Konzert in Budapest zusammenspielte. “Miklós entstammt einer Roma-Familie und ist ein erstaunlich intuitiver Musiker”, meint der Saxophonist. “Mit ihm im Sinn schrieb ich in die Suite Voicings für das perkussive, Cembalo-ähnliche Cimbalom hinein.” Und das hatte laut Charles Lloyd zur Folge, dass sich die Musik plötzlich “wie ein Derwisch im ekstatischen Trancetanz drehte”.