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Die Fans haben gewählt – Fünf neue Blue-Note-LPs

Fünf neue Blue-Note-LPs
Fünf neue Blue-Note-LPs
09.06.2016
Eine Binsenweisheit besagt, dass die Verantwortlichen der Plattenlabels von Musik keine Ahnung haben und sich für die Wünsche von Musikfans nicht interessieren. Diese Weisheit berücksichtigt allerdings nicht Labelmanager wie Don Was, den aus Detroit stammenden Bassisten und Produzenten, und seit geraumer Zeit Präsidenten von Blue Note Records. Der hat nach Ansicht von Musikfans und Kritikern nämlich bisher einen hervorragenden Job gemacht. Eines seiner Herzensprojekte war zum 75-jährigen Jubiläum des Labels die Wiederveröffentlichung von 100 “essenziellen” Blue-Note-Alben auf Vinyl. Als die ersten im März 2014 in der “Back To Blue”-Serie herauskamen, lud Larry Rohter, Kulturkritiker der New York Times, Don Was zum Gespräch und fragte ihn, was gerade diese Alben für den Plattensammler so relevant mache. Don Was gab  unumwunden zu, dass die Auswahl natürlich höchst subjektiv ausgefallen wäre. Und er zeigte sich auch gleich offen für Vorschläge von Rohter und seinen Lesern. In den folgenden Tagen entwickelte sich in der Kommentarspalte des Artikels eine heiße Diskussion, in die sich Don Was mehrfach persönlich einschaltete. Das Resultat: Eine neue Liste mit ebenso “essenziellen” Alben, die in der bisherigen Serie keine Berücksichtigung gefunden hatten. Jetzt lässt Don Was den Worten Taten folgen und bringt die ersten fünf, der von den NYT-Lesern gewünschten Alben ebenfalls auf Vinyl heraus.
Big John Patton - Let ‘Em Roll
Hammond-Organist Big John Patton gehörte auch zu den Musikern, die Ike Quebec in seiner Qualität als A&R-Mann zu Blue Note lotste. 1965 legte der aus Kansas City stammende Patton dort mit “Let ‘Em Roll” bereits sein fünftes Album unter eigenem Namen vor. In der einzigartigen Besetzung mit Vibraphon (Bobby Hutcherson), Gitarre (Grant Green) und Schlagzeug (Otis Finch) spielte er vier groovige, soul-jazzige Eigenkompositionen und zwei Standards ein. Der experimentierfreudige Patton arbeitete sehr viel später auch mit Musikern wie John Zorn, James Blood Ulmer und dem Rap-Duo Black Star zusammen.
Blue MitchellThe Thing To Do
“The Thing To Do” war 1964 das erste Blue-Note-Album des Trompeters Blue Mitchell (eine davor aufgenommene Session erschien erst 1980 unter dem Titel “Step Lightly”). Von 1959 bis 1964 war Mitchell Mitglied des Horace Silver Quintet gewesen. Im All Music Guide gab Scott Yanow dem Album fünf von fünf Sternen und schrieb: “Die Platte bietet erstklassigen Blue-Note-Hard-Bop mit einfallsreichen Melodien, aussagekräftigen Soli, eingespielt in einer enthusiastischen, aber disziplinierten Atmosphäre. Höchst empfehlenswert!” Für den jungen Pianisten Chick Corea und Schlagzeuger Al Foster bedeutete das Album ihren Einstand bei Blue Note.
Sam Rivers - Fuchsia Swing Song
Wenn es nach Don Was gegangen wäre, hätte Blue Note von dem Saxophonisten Sam Rivers das 1965 entstandene Album “Contours” wiederveröffentlicht. Die Musikfans aber stimmten mehrheitlich für Rivers’ 1964er DebütalbumFuchsia Swing Song”. Das Album präsentierte den abenteuerlustigen Saxophonisten in der exquisiten Gesellschaft von Pianist Jaki Byard, Bassist Ron Carter und Schlagzeuger Tony Williams und enthält ausschließlich Eigenkompositionen, darunter die zeitlose Ballade “Beatrice”.
Sheila Jordan - Portrait of Sheila
Besonders “uncool” fand Don Was, dass er aus seiner Heimatstadt Detroit stammende Künstler wie Dr. Lonnie Smith, Paul Chambers, Ron Carter, Curtis Fuller, Thad Jones und Sheila Jordan “übersehen” hatte. Zur Wiedergutmachung erscheint nun das Album “Portrait Of Sheila”, mit dem Sheila Jordan 1962 bei Blue Note debütiert hatte. Es ist zudem eines der ganz wenigen Vokalalben, die Alfred Lions in der klassischen Blue-Note-Ära produzierte. Begleitet wird die Sängerin  hier von Gitarrist Barry Galbraith, Bassist Steve Swallow und Schlagzeuger Denzil Best. Highlight der Session war eine im Duo mit Swallow aufgenommene Vocalese-Version des Bobby-Timmons-Klassikers “Dat Dere”.
Ike Quebec - Blue And Sentimental
Ike Quebec war in gewisser Hinsicht einer der Vorläufer von Don Was, denn der Tenorsaxophonist nahm nicht nur selbst Platten für Blue Note auf, sondern war zeitweilig auch als Talentscout für das Label tätig. So drängte er Alfred Lion in den späten 1940er Jahren, Thelonious Monk und Bud Powell unter Vertrag zu nehmen. Nachdem er in den 1950ern wegen Drogenproblemen nur sporadisch Aufnahmen gemacht hatte, feierte er Anfang der 1960er mit Alben wie “Blue And Sentimental” sein Comeback. Quebec ist hier an der Seite von Gitarrist Grant Green, Bassist Paul Chambers und Schlagzeuger Philly Joe Jones nicht nur als bluesig beseelter Tenorsaxophonist zu hören, sondern glänzt in einigen Nummern auch als Pianist.