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Schwarze Zeiten im Weißen Haus? – Jazz und die Präsidentschaftswahl in den USA

Auf Streife im Netz: Das Weiße Haus
Auf Streife im Netz: Das Weiße Haus
11.11.2016
Die Würfel sind gefallen. Donald J. Trump wurde zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Ob er den umfangreichen Katalog seiner Wahlversprechen wirklich umsetzen wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass durch das Weiße Haus ein anderer Wind wehen wird. Für den Jazz verheißt dies, zumindest wenn man den Worten Bernie Sanders‘ Glauben schenken darf, nichts Gutes. Der partei- und glücklose Präsidentschafts-kandidat ließ in einem Interview streuen, dass Donald Trump “zum Frühstück schon einmal einen Jazzmusiker aufgefressen” habe. Das mag vielleicht ein wenig übertrieben sein, aber die Drehtür, die Barack Obama vor acht Jahren  für Jazzmusiker wie Herbie Hancock und Esperanza Spalding im Weißen Haus installierte, dürfte sicher bald wieder demontiert werden. Wie allgemein bekannt, gehört der Jazz nicht zum Musikgeschmack des kommenden Amtsinhabers, auch wenn das Time Magazine seine kakophonischen Wahlkampfreden spitz als “Free-Jazz-Vorträge” bezeichnete, mit kurzen Themen, die sich in zusammenhanglose Improvisationen auflösen.
Jazzmusiker selbst meldeten sich in diesem höchst bizarren Wahlkampf mehrfach und auf unterschiedliche Weise zu Wort. Kurz vor dem Urnengang gaben beispielweise einige Größen (darunter Joe Lovano, Kenny Barron, Henry Butler, Kurt Rosenwinkel und Terri Lyne Carrington) in New York ein “Jazz for America’s Future”-Benefizkonzert für Hillary Clinton. Posaunist Delfeayo Marsalis machte Trumps markigen Slogan “Make America Great Again!” zum Titel seines neuen Albums, auf dem er munter eigene Kompositionen mit der US-Nationalhymne, Stücken von der Dirty Dozen Brass Band und Aaron Copland sowie dem Standard “All Of Me” vermischte. Eines der Highlights des Albums ist fraglos der Titelsong, der auch Carla Bley zu Ehren reichen würde und eine pointierte Rezitation des “Treme” und “Wire”-Stars Wendell Pierce beinhaltet.
Einen noch direkteren Bezug zum Wahlkampf hat die EP “Race For The White House” des  Pianisten Marcus Roberts. Er schrieb vier sehr verschiedene Nummern, mit denen er die Präsidentschaftskandidaten Trump, Clinton, Sanders und Carson zu charakterisieren versuchte: “Make America Great Again (All By Myself)”, “It’s My Turn”, “Feel The Bern” und “I Did Chop Down The Cherry Tree”.  Von diesem Wahlkampf inspiriert, aber nicht direkt auf ihn eingehend ist schließlich die allgemeiner gehaltene, zeitlose “Presidential Suite: Eight Variations on Freedom des Saxophonisten Ted Nash. Vor jedem Satz seiner Suite läßt Nash Prominente wie die Schauspieler Glenn Close und Sam Waterston, die Politiker Joe Lieberman und David Miliband, den Autor Deepak Chopra oder den Boxer Evander Holyfield Texte von US-amerikanischen und internationalen Präsidenten zum Thema Freiheit lesen.
Zu guter Letzt noch eine Anregung von uns: Angesichts der vielen Skandale und Skandälchen, die den neuen Präsidenten schon jetzt umranken, sollte es eigentlich kaum lange dauern, bis ein Jazzmusiker auf die Idee kommt, Charles Mingus’ Klassiker “Fables Of Faubus” in “Fables Of POTUS” (POTUS = President Of The United States) umzudichten. In dem spöttischen Text des Stücks müssten – so traurig dies ist – nur minimale Veränderungen vorgenommen werden.
 
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