Genuss für Augen und Ohren – Jazzfilm-Klassiker kommt neu ins Kino
Der legendäre Konzertfilm “Jazz an einem Sommerabend”, aufgenommen beim Newport Jazz Festival 1958, kommt in neuem Glanz in die Kinos.
Auf Streife Im Netz - Jazz an einem Sommerabend
30.07.2021
Der New Yorker Fotograf Bert Stern wurde vor allen Dingen durch seine Fotosession „Last Sitting“ mit Marilyn Monroe weltbekannt. „Jazz an einem Sommerabend“ ist sein erster und einziger Film. Neben der Regie betätigte er sich hier auch als leitender Kameramann. Jetzt wurde das Zeitdokument basierend auf dem originalen Kameranegativ neu abgetastet und kommt in atemberaubender Bild- und Tonqualität neu in die Kinos.
Es liegt ein Flirren aus Musik und Leichtigkeit in der Brise eines Sommertages im Juli 1958 in Newport, Rhode Island. Zwei Ereignisse treffen aufeinander: Das Newport Jazz Festival und die Segelregatta America Cup. Seine Kameras halten nicht nur das Geschehen auf der Bühne fest, viel mehr fangen sie die ganze Atmosphäre des Jazzfestivals ein. Wie in seinen Bildern gelingt es Stern auch hier – in impressionistisch anmutenden Momentaufnahmen – die Persönlichkeiten der Porträtierten zu erfassen, seien es die Musikerinnen und Musiker auf der Bühne oder scheinbar willkürlich herausgegriffene Gesichter aus dem Publikum, in denen sich Lebensfreude, Entspannung und Entrückung spiegeln. Immer wieder richtet Stern den Blick auf Details und kleine Episoden: Die erstaunten Blicke der Kinder, die elegante junge Frau, die allzu deutlich Kaugummi kaut oder die leicht gelangweilte Leserin eines Groschenromans. Tagsüber gleiten zu den überlappenden Klängen der Musik die Segelboote der Regatta anmutig durchs Meer und das Wasser erscheint mit seinen Spiegelungen als psychedelisch bis graphisches Farbenspiel. Nach Einbruch der Dunkelheit entfaltet Stern die Bandbreite der großartigen Musikerinnen und Musiker, ist ganz bei ihnen und dem Publikum. Die Elite zeitgenössischer Künstler wie Louis Armstrong, Jimmy Giuffre, Thelonious Monk, Sonny Stitt, Anita O’Day, Dinah Washington, Gerry Mulligan, Eric Dolphy, George Shearing, Max Roach bis hin zu Chuck Berry präsentiert einen bunten Strauß an unterschiedlichen Stilen: von Bop und Cool Jazz, Avantgarde und traditionellem Jazz, bis zu Gospel, Rock und Rhythm and Blues.
Bert Stern erweist sich als Meister seines Faches, der es voller Empathie und mit unnachahmlicher Leichtigkeit schafft, eine Symbiose zwischen den Größen der Jazzmusik auf der Bühne, ihrem Live-Publikum und den Menschen vor der Kinoleinwand zu schaffen. Er erinnerte sich: „Wir haben viel gewagt, es hätte auch schiefgehen können. Wir nutzten keinen Belichtungsmesser, der Ton wurde live und ungefiltert aufgenommen – er kam direkt von den Sängerinnen und Sängern, den Instrumentalisten. […] Wir wollten einen „glücklichen“ Jazzfilm machen, einen Film, der Musikerinnen und Musiker und das Publikum zeigt, die das Erlebnis genießen. Zu viele Filme von und über Jazz sind düster und haben nichts mit der wunderbaren Erfahrung des Jazz zu tun. Ich bin mir sicher, dass es uns gelungen ist, einen Film zu machen, den das Kinopublikum genauso genießen wird, wie die Zuhörer in Newport die Musik gehört und genossen haben.“ Das ist ihm mehr als geglückt!