Cristiano Ronaldo is not amused. Die Fußball-Diva, die in Portugal eigentlich das Monopol auf Schlagzeilen hat, spielte in den letzten Tagen in der heimischen Presse ausnahmsweise mal nicht die erste Geige. Und tatsächlich – Skandal, Skandal! - noch nicht mal die zweite. Denn erst besuchte Papst Franziskus am 13. Mai den Wallfahrtsort Fátima um dort zwei portugiesische Hirtenkinder heilig zu sprechen. Und dann gewann am selben Tag mit Salvador Sobral auch noch erstmals ein Portugiese den Eurovision Song Contest. Noch dazu mit der höchsten je vergebenen Punktzahl.
Überaus erstaunlich: der Mann soll im Grunde seines Herzens ein Jazzer sein. Das sagen zumindest all die Leute, die Jazz ansonsten nur vom Weghören kennen. Das von Sobral gesungene Lied “Amar pelos dois” wurde in der internationalen Presse jedenfalls schnell zur “Jazzballade” erklärt. Laut Spiegel Online ist Sobral, der an der Taller de Músics in Barcelona Jazz studiert hat, ein “Bewunderer Chet Bakers, dessen Song in den Traditionen des Great American Songbooks und der populären Musik Brasiliens steht”.
Nun ja, tatsächlich erinnert die mit reichlich Streichern überzogene, schmachtende Nummer eher an die noch stark von der Bossa Nova beeinflusste MPB (Múscia Popular Brasileira) der 1960er Jahre. Jazzelemente enthält sie also eher in verdünnter Form. Im ansonsten von stampfenden Euro-Disco-Beats dominierten Umfeld setzte sich Sobral mit seinem wehmütigen, akustischen Stück natürlich trotzdem wohltuend ab. Und sein Lied war mit Sicherheit noch um Längen jazziger als das des drittplazierten SunStroke Project, bei dem die FAZ ein “Jazz-Saxophon” herausgehört haben will. Gemeint waren damit wohl die quäkenden Altsaxfloskeln von Serghei Stepanov, Moldawiens Kenny G. Der FAZ scheint entgangen zu sein, dass Volker Kriegel sein berühmtes Postulat “Jazz ist immer, wenn ein Saxophon dabei ist” ironisch gemeint hatte.
Fazit: Jazzmusiker, die sich nun der Hoffnung hingeben, beim nächsten Eurovision Song Contest das Rennen zu machen, sollten darüber besser zweimal nachdenken. Mit einer wirklichen Jazznummer wird man dort wohl auch in Zukunft – leider – keinen Blumentopf gewinnen.