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Hohepriester der Hammond-Orgel – Jimmy Smith in 5er-Box

Jimmy Smith machte mit Aufnahmen für Blue Note sich und sein Instrument weltberühmt. Fünf dieser Album-Meilensteine erscheinen jetzt gesammelt in einer 5-CD-Box.
Jimmy Smith - 5 original albums
Jimmy Smith - 5 original albums
28.03.2018
Kein Instrument ist so eng mit dem Namen seines Interpreten verknüpft, wie Jimmy Smith und seine Hammond-Orgel. Dass der wuchtige Harmoniumersatz zum revolutionären Improvisator aus Philly gehörte wie das Amen in der Kirche, diese Botschaft verbreitete sich ab 1956 rund um den Globus. Was vor ihm Charlie Christian für die Gitarre vollbracht hatte, gelang Smith für die elektronische Töne produzierende Orgel: er erlöste Sie vom Schattendasein des degradierten Begleitklangs und stellte sie fauchend, flirrend und federführend in den Mittelpunkt, schrieb auf den Tasten sein Evangelium aus Jazz, Soul und R’n‘B. Für einige Jahre wurde die Hammond-B3 zum Inbegriff der Coolness, Blue-Note-Chef Alfred Lion verpasste Smith den treffenden Namensappendix ‚The Incredible‘ und die Kopplung des Orgelsounds mit Gitarre und Saxophon wurde stilbildend für die Zukunft. Dass bis heute im Jazz eine Zeitrechnung „vor“ und „nach“ ihm gilt, dürfte Jimmy Smith Genugtuung sein. In der preiswerten neuen Box “5 Original Albums”, die mit Original-Artwork, Stecktaschen-CDs und attraktivem Schuber daherkommt, werden fünf seiner legendären Alben nun kompakt wiederveröffentlicht.
Home Cookin‘ (1959)
Fast unschuldig sanft beginnt „Home Cookin‘“: ‚See See Rider‘ lässt keinen Zweifel daran, dass Jimmy Smith den Blues hatte. Doch Kenny Burrells ‚Sugar Hill‘ macht auch klar – Smiths Orgel groovte wie Harlem zur Rush Hour. Bei Smith wurde der ganze Körper zu Musik: mit den Füßen tänzelte er über die Pedale, sparte den Bassisten ein und trat sich den fetten Bass stattdessen selbst, mit der rechten Hand schmetterte er unwiderstehlich perkussive und flinke Melodielinien in die hohen Lagen. Mit der linken Hand schließlich verspachtelte er in geradezu schwereloser Leichtigkeit das Soundspektrum mit dickem Akkordsud und fiebrigem Grundierungsklang. Ein Mann, ein Instrument – und beide zusammen ersetzten ein ganzes Orchester. Burrells elegant swingende Gitarrenlinien und Donald Baileys passgenaue Drumfills vollendeten einen Meilenstein des neuen Sounds, der beispielhaft für Smith‘ weitere Karriere sein sollte.
Crazy! Baby (1960)
Dass Jimmy Smith selbst das zackig-stampfende Traditional ‚When Johnny Comes Marching Home‘ in einen höllisch swingenden Vorläufer des Jazzfunk transformieren konnte, bewies einmal mehr seinen Status als neuer Stern am Jazzfirmament. Überhaupt erstrahlten Klassiker wie ‚Makin‘ Whoopee‘, Dizzy Gillespies ‚A Night In Tunisia‘ oder die Brecht-Weill-Nummer ‚Mack The Knife‘ aus der „Dreigroschenoper“ in wahrhaft neuem und teils beeindruckend individuellem Glanz, präsentierten außerdem, zu welch vielschichtigen Rhythmen und facettenreichen Registrierungen die Hammond-B3 im Stande war, wenn denn ein Meister seines Fachs sich an ihr zu schaffen machte. „Crazy! Baby“ bedeutete zudem eine Premiere für Smith, denn erstmals bat der legendäre Tonmeister Rudy van Gelder – der im Übrigen alle hier versammelten Aufnahmen des Organisten einpegelte – ihn in sein neues Studio in Englewood Cliffs.
Midnight Special (1961) 
Den 25. April 1960 kann man retrospektiv durchaus als Sternstunde des Jazz bezeichnen, denn an diesem Montag fanden sich vier Musiker in Englewood Cliffs ein, die in ihren Instrumenten anscheinend noch ein paar musikalische Ostereier versteckt hatten. Zu Smith und Bailey hatte sich mit Stanley Turrentine jener Saxophonist gesellt, mit dem Smiths Sound eine geradezu symbiotische Verbindung eingehen konnte. Die beiden Improvisatoren phrasierten in nachgerade blindem Verständnis füreinander, der nachmittags dazu gekommene Kenny Burrell sorgte mit seinem filigranen Saitenanschlag für zusätzliche Farbe in „Midnight Special“. Ob nun im von Smith selbst komponierten Titeltrack, der in 10 epischen Minuten ein Füllhorn an Melodienreichtum ausschüttete, oder der swingenden Adaption des Count-Basie-Standards ‚One O’Clock Jump‘, der mit keck burlesker Schnoddrigkeit den herzhaften Klang des Tenorsaxophons herausstellte – besser konnte der Start in eine neue Woche nicht klingen. 
Back At The Chicken Shack (1963)
Wenn es einfach richtig gut läuft, die Muse mehr als einen Kuss verteilt und die Orgel gerade warmgespielt ist – warum dann nicht gleich zwei LPs an einem Tag aufnehmen? So geschah es an jenem sagenumwobenen 25. April 1960 bei Rudy van Gelder. Hatte das Cover „Midnight Special“ Smith hängend an einem Eisenbahnwaggon gezeigt, so war er wahrscheinlich nur in Eile, um pünktlich „Back At The Chicken Shack“ zu sein – ein weiterer Beleg für Francis Wolffs fotographische Meisterschaft, dessen Plattenhüllen zu stilistischen Kunststücken wurden. Von den über 40 Sessions, die Smith in nur sechs Jahren bei Blue Note einspielte, wurde diese eine seiner größten Klassiker. Nicht zu Unrecht fand es 2005 Niederschlag in Robert Dimerys Kultbuch „1001 Albums You Must Hear Before You Die“. Ira Gitler konnte zudem in den Liner Notes vermelden, dass Smith 1962 das erste Mal den Down Beat Poll gewonnen hatte – mit einem Instrument, das noch einige Jahre zuvor im Jazz als undenkbar galt.
Softly As A Summer Breeze (1965)
1962 wurde Jimmy Smith von Creed Taylor zu Verve gelotst – ein breiteres Publikum und größere Absatzmöglichkeiten warteten. Doch Alfred Lion hatte genug Bandmaterial im Keller, um noch regelmäßig ‚neue‘ Blue-Note-LPs mit Smith veröffentlichen zu können. Derart konzipiert enthielt „Softly As A Summer Breeze“ Aufnahmen von 1958, in denen sich neben Burrell und Bailey auch Gitarrist Eddie McFadden sowie der legendäre Drummer des ersten Miles-Davis-Quintet, Philly Joe Jones, verewigten. Mitunter konnte die titelgebende Sommerbrise ziemlich stürmisch werden; Thelonious Monks ‚Hackensack‘ etwa fegte einem jeglichen Staub aus den Kleidern. Das Album wirkte wie ein Best-Of der Jahre, die Jimmy Smith beim Blue-Note-Label verbracht hatte. Ungefiltert roher, ohne überlagernden Orchesterklang gefertigter Hammondorgelsound in allen Schattierungen, der ihn an die Weltspitze der Instrumentalisten katapultierte. Wie schloss Leonard Feather seine damaligen Bemerkungen zu diesem Longplayer so treffend: „Jimmy Smith wird uns allen stets Inspiration sein, ob nun als Sommerwind oder böiger Hurrikan“!