“Wir leben leider nicht in einer Jazzwelt”, hat der Gitarrist und Sänger George Benson einmal gesagt. “Ich denke, wenn ich in einer Jazzwelt gelebt hätte, dann hätte ich meine Sache schon gut gemacht. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich meine Sache dort großartig gemacht hätte. Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich liebe Jazzmusik und wäre deshalb glücklich gewesen. Ich gehe wie der größte Jazzfan der Welt zu Jazzkonzerten. Es ist schade, dass ich meinen Lebensunterhalt nicht mit Jazzspielen bestreite.” Selbst eingefleischte George-Benson-Fans dürfte dieses Geständnis ein wenig überrascht haben. Schließlich galt der Gitarrist einmal als designierter Thronfolger des großen Wes Montgomery, der noch immer als einer der stilbildenden Gitarristen des Jazz gilt. Doch tatsächlich betrachtete sich Benson von jeher in erster Linie als Sänger und nur in zweiter Linie als Gitarrist.
Bevor der 1943 in Pittsburgh geborene Benson mit 20 Jahren an der Seite des Hammond-Organisten Brother Jack McDuff die Jazzszene betrat, hatte er nämlich schon eine Karriere als singender Kinderstar hinter sich. Als Little Georgie machte er mit zehn Jahren sein Plattendebüt mit dem etwas frühreifen Titel “She Makes Me Mad”. Und zwar singenderweise, obwohl er in der Aufnahme auch schon sein Gitarrentalent kurz mit swingend-bluesigen Sololinien aufblitzen lassen durfte. Seine Qualifikationen als Jazzer bewies Benson in den 1960er Jahren außerdem bei Aufnahmen mit u.a. Miles Davis, Hank Mobley, Larry Young, Lee Morgan, Jaki Byard, Jimmy Smith und J.J. Johnson sowie ersten Alben unter eigenem Namen.
Auch an der Einspielung zweier Soul-Jazz-Klassiker – Lonnie Smiths “Finger-Lickin' Good” und Lou Donaldsons “Alligator Bogaloo” – war er damals beteiligt. Doch unter der Ägide von Produzent Creed Taylor begann er sich dann ab 1969 musikalisch umzuorientieren: weg vom Jazz (auch wenn er die Verbindungen nie ganz kappte) und hin zum chartstauglichen Rhythm’n'Blues und Pop. Das erste Album des Gespanns, auf dem Benson u.a Songs von Aretha Franklin und den Monkees coverte, trug bezeichnenderweise den Titel “Shape Of Things To Come”. Und es sollte nicht allzu lange dauern, bis er ein richtiges Hit-Album landete und mit “Breezin'” 1976 endgültig den Schlüssel zum Pophimmel fand. Womit er bei puristischen Jazzfans natürlich auf wenig Verständnis stieß.
Von seinen insgesamt zehn Grammys gewann Benson seither nur einen in der Sparte Jazz (1981 für “Moody’s Mood”), die restlichen abwechselnd in den Kategorien Pop und Rhythm’n'Blues. Doch all den kommerziellen Erfolgen zum Trotz schlummert in George Benson nach wie vor ein leidenschaftlicher Jazzer. Dass dieser auch auf späteren Alben mal mehr, mal weniger stark zum Vorschein kam, zeigt nun die preiswerte Box “5 Original Albums”. Die Box, die mit Original-Artworks, Stecktaschen-CDs und einem attraktiven Schuber ausgestattet ist, enthält die fünf Alben “That’s Right”, “Standing Together”, “Absolute Benson”‚ “Irreplaceable” und “Live – Best Of George Benson”, die zwischen 1996 und 2003 entstanden. Mag sein, dass sie nicht prägender Bestandteil der Jazzwelt sind. Doch sie lassen keinen Zweifel daran, dass Benson seine Sache in der Rhythm’n’Blues- und Pop-Welt wirklich großartig gemacht hat.
That’s Right (1996)
Eine musikalische Frischzellenkur verpasste sich George Benson 1996 auf seinem ersten Album für GRP Records. Zwar war auch diesmal wieder Tommy LiPuma mit von der Partie, der in den zwanzig Jahren davor schon Bensons große Erfolge für sein vorheriges Label Warner produziert hatte. Aber Benson umgab sich auf “That’s Right” auch mit neuen Gesichtern, die ihm frischen Rückenwind gaben: darunter Musiker aus der Entourage von Prince (Eric Leeds, Ricky und Paul Peterson, Michael Bland) und Mitglieder der seinerzeit überaus populären britischen Jazz-Funk-Band Incognito (Bluey Maunick, Max Beesley, Fayyaz Virji).
Standing Together (1998)
Auch auf dem Nachfolger “Standing Together” bewies der Sänger und Gitarrist, dass er sein Ohr ganz nah am Pulse der Zeit hatte und nicht in musikalischem Stillstand verharrte. Diesmal überraschte er durch Kooperation mit den heißen Nuyorican-Soul-Stars La India‚ Kenny Dope Gonzalez und Little Louie Vega (a.k.a. Master At Work), die dem Album in der gemeinsam komponierten Nummer “Poquito Spanish, Poquito Funk” lässiges Latin-House-Flair verliehen.
Absolute Benson (1999)
Carlos Santana soll von “Poquito Spanish, Poquito Funk” so begeistert gewesen sein, dass er Benson riet, als nächstes ein ganzes Album mit Latin Music aufzunehmen. Mit “Absolute Benson” erfüllte Benson dem Kollegen den Wunsch. Für authentische Latin-Vibes sorgten u.a. Santanas Ehefrau Cindy Blackman, die chilenische Sängerin Claudia Acuña sowie einmal mehr La India und die Masters At Work. Ergänzt wurde das exzellente Line-Up zudem durch Keyboarder Joe Sample, Bassist Christian McBride, Schlagzeuger Steve Gadd und Roy Ayers, den “Godfather of Neo Soul”.
Irreplaceable (2003)
Der Titel dieses Albums entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn “Irreplaceable” wurde zunächst 2003 als zeitgenössisches Rhythm’n’Blues-Album veröffentlicht und dann noch einmal ein Jahr später in einem smoothen Jazzstil mit einigen anderen Songs teilweise neu eingespielt und mit Remixen wiederveröffentlicht. In der Box “5 Original Albums” befindet sich natürlich die ursprüngliche Version von 2003.
Best Of George Benson Live (2000 ÷ 2005)
Mit einem wunderbaren “Best of”-Programm begeisterte George Benson 2000 bei einem Auftritt in Belfast/Irland. Zusammen mit seiner Band, verstärkt durch das BBC Orchestra und Musiker des Ulster Orchestra, reihte er hier einen Hit an den anderen: von “Turn Your Love Around” und “This Masquerade” und “Breezin'” über “Love X Love”, “Deeper Than You Think”, “The Ghetto” und “Never Give Up On A Good Thing” bis zu “Hipping The Hop”, “Give Me The Night” und “On Broadway”. Heraus kam das Album allerdings erst 2005.