5 Original Albums | News | Chuck Mangione - der Mann, der die Charts vom "Night Fever" kurierte

Chuck Mangione – der Mann, der die Charts vom “Night Fever” kurierte

“Schuld” am Erfolg von Chuck Mangione in den 70ern hatte nicht etwa die Bossa Nova, sondern die Bee Gees. Die neue CD-Box “5 Original Albums” versammelt seine besten Alben jener Zeit.
Chuck Mangione
Chuck MangioneUniversal Music
06.10.2017
“Ich kann an einer Hand die Nummer der Instrumentalhits abzählen, die es in den letzten zehn Jahren gegeben hat”, meinte ein etwas wehmütiger Chuck Mangione anno 2000 in einem Interview. Der Flügelhornist konnte sich da noch an weitaus bessere Zeiten erinnern: denn in den 1970er Jahren hatte er selbst eine ganze Reihe solcher Hits scheinbar aus dem Ärmel geschüttelt. Auch wenn er seinen eigenen Erfolg gerne augenzwinkernd den Bee Gees in die Schuhe schiebt. Mit dem Soundtrack zum Travolta-Film “Saturday Night Fever” dominierte das australische Brüder-Trio 1978 die Charts und die Radio-Playlists. “'Saturday Night Fever' übersättigte die Radiosender”, erklärt Mangione. “Ich glaube, sechs der zehn Top 10-Hits stammten von diesem Album. Die Radioleute wussten nicht, was sie sonst spielen sollten, und als dann jemand mein ‘Feels So Good’ von neun Minuten auf radiofreundliche drei Minuten verkürzte, begannen sie sofort damit, das Stück als Alternative zu den damaligen Top-Songs abzuspielen.”
Dass er einmal einen derartigen Erfolg haben würde, hätte sich der Jazzmusiker Mangione nicht träumen lassen, als er 1960 seine Aufnahmekarriere begann. Mit seinem Bruder Gap, einem Pianisten, und dem Tenorsaxophonisten Sal Nistico hatte er die Band The Jazz Brothers gegründet, die drei Alben mit von Dizzy Gillespie inspiriertem Bebop einspielte. Sein erstes Soloalbum nahm der damals 21-jährige Chuck Mangione 1962 mit einer superben Rhythmusgruppe auf: Pianist Wynton Kelly, Bassist Sam Jones und Drummer Louis Hayes. Parallel besuchte er in seiner Geburtsstadt Rochester/New York die renommierte Eastman School Of Music, deren Jazzensemble er später auch vier Jahre lang leiten sollte.
Ende 1965 holte ihn dann Art Blakey auf ausdrückliche Empfehlung von Dizzy Gillespie in seine Jazz Messengers, wo er die nicht gerade leichte Nachfolge von Clifford Brown, Kenny Dorham, Bill Hardman, Lee Morgan und Freddie Hubbard antreten durfte. Zu Blakeys Band zählten seinerzeit auch die alternierenden Pianisten Keith Jarrett, Chick Corea und Lonnie Liston Smith. Zum Jazz-Messengers-Album “Buttercorn Lady” steuerte Mangione 1966 die Hälfte der Kompositionen bei. Mangiones zweite Einspielung unter eigenem Namen war 1970 “Friends And Love”. Auf dem live aufgenommenen ambitionierten Doppelalbum präsentierte sich der Trompeter erstmals mit dem weicher klingenden Flügelhorn, mit dem ihn heute eigentlich jeder kennt. Mit dem Stück “Hill Where The Lord Hides” landete er zudem seinen ersten Hit in den Billboard Hot 100, das Album selbst wurde für einen Grammy nominiert. Kurzum: ein neuer Chuck Mangione war geboren.
Eben jener Chuck Mangione, der in den nächsten gut zehn Jahren mit erfolgreichen wie künstlerisch gelungenen Alben wie “Chase The Clouds Away”, “Main Squeeze”, “Feels So Good”, “Fun And Games” und “70 Miles Young” Grammys gewinnen, die Charts aufmischen und Radio-Playlists okkupieren sollte. Nun erscheinen diese Alben zusammen in der preiswerten Box “5 Original Albums”, die mit Original-Artwork, Stecktaschen-CDs und einem attraktiven Schuber ausgestattet ist.
Chase The Clouds Away (1975)
Mit “Chase The Clouds Away” und einem Quartett mit dem Saxophonisten und Flötisten Gerry Niewood, Bassist Chip Jackson und Schlagzeuger Joe LaBarbera debütierte Mangione 1975 bei dem von Herb Alpert geleiteten Label A&M Records. Dass er mit seiner melodiösen Musik längst ein Publikum weit über den Jazzkreis hinaus erreichte, wurde schon dadurch unterstrichen, dass das Titelstück des Albums ein Jahr später als Titelmelodie für die Fernsehübertragung der Olympischen Sommerspiele von Montreal eingesetzt wurde.
   
Main Squeeze (1976)
Als ausgesprochener Romantiker erwies sich der Flügelhornist 1976 auf dem Album “Main Squeeze”, das er mit gefragten Studio-Cracks wie Don Grolnick, Richard Tee, John Tropea, Tony Levin, Steve Gadd, Ralph MacDonald und Rubens Bassini einspielte. Die Songtitel allein sprechen schon Bände: “(The Day After) Our First Night Together”, “If You Know Me Any Longer Than Tomorrow”, “Love The Feelin'”, “I Get Crazy (When Your Eyes Touch Mine)” und “Doin' Everything With You”. Obwohl das Titelstück einer von Mangiones populärsten Songs ist, war das Album nur kurzzeitig auf CD erhältlich und gilt in dem Format heute als gesuchte Rarität.
     
Feels So Good (1977)
Nachdem er auf seinen vorangegangenen A&M-Alben oft eher hochwertige Easy-Listening-Musik serviert hatte, kehrte Mangione 1977 auf “Feels So Good” mit einer neuen Band (Saxophonist/Flötist Chris Vadala, Gitarrist Grant Geissman, Bassist Charles Meeks und Drummer James Bradley Jr.) zu wesentlich jazzigeren Klängen zurück. Und das kam beim Publikum überraschend gut an. Denn die Titelnummer kletterte als Single in einer gekürzten Version auf Platz 4 der Pop-Charts, während es das Album selbst auf Platz 2 brachte.
     
Fun And Games (1980)
Ein weiteres Ohrwurmalbum mit derselben Besetzung wie “Feels So Good” folgte mit “Fun And Games”. Als besonders einprägsam erwies sich die Nummer “Give It All You Got”, die 1980 zum offiziellen Thema der Olympischen Winterspiele in Lake Placid/New York auserkoren wurde. Bei der Abschlussfeier spielte Chuck Mangione das Lied mit seiner Band live vor Millionen von Fernsehzuschauern in aller Welt.
  
70 Miles Young (1982)
Zum 70. Geburtstag seines Vaters schrieb Mangione die 21-minütige, vierteilige Suite “70 Miles Young”, die diesem Album ihren Titel gab. Komplettiert wurde das Repertoire mit einem balladesken Remake von “Feels So Good”, einer Neuinterpretation des Titelstück seines allerersten Soloalbums “Recuerdo”, dem “Cannonball Run Theme” und einem “Lullaby For Nancy Carol”.