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Musikalische Evolution in Echtzeit

Auf ihrem zweiten Album “In Real Time” beweisen die Musikerinnen von Artemis, dass sie – trotz zweier Umbesetzungen – zu einer echten Band zusammengewachsen sind.
Artemis
Artemis(c) Ebru Yildiz
05.05.2023

Das Album “In Real Time” auf LP und weiteres finden Sie in unserem JazzEcho-Store.

 
“Musik existiert in der Zeit. Ohne Zeit gibt es keine Musik”, erklärt die Pianistin und Komponistin Renee Rosnes. Sie spielt damit auf “In Real Time” an, den Titel des zweiten Albums der von ihr geleiteten Band Artemis. “Fotografien und Werke der Bildenden Kunst sind eingefrorene Zeit. Musik ist flüssige Zeit in der Luft.”
Drei Jahre nach der Veröffentlichung des von der Kritik gefeierten Debütalbums “Artemis” meldet sich das gleichnamige sechsköpfige Ensemble nun mit “In Real Time” zurück. Der NDR pries die Band damals als “ein multikulturelles und generationsübergreifendes Projekt, das der individuellen Ausdruckskraft huldigt”. Und in DownBeat hieß es: “Wenn sie im Kollektiv spielen, ist die schiere Kraft der Fähigkeiten dieser Gruppe atemberaubend.”
Das brillante Nachfolgealbum “In Real Time” hebt sowohl die Improvisationsstärke der Musikerinnen als auch ihre Begabungen als Komponistinnen hervor. Von der Ursprungsformation, die mit der Gastvokalistin Cécile McLorin Salvant auf “Artemis” zu hören war, sind neben Rosnes auch Trompeterin Ingrid Jensen, Bassistin Noriko Ueda und Schlagzeugerin Allison Miller wieder mit von der Partie. Neu hinzugestoßen sind indes die Tenorsaxofonistin Nicole Glover und Alexa Tarantino, die Flöte, Alt- und Sopransax spielt. Sie ersetzen die Klarinettistin Anat Cohen und Tenorsaxofonistin Melissa Aldana. Letztere hat mit “12 Stars” inzwischen ihr Solodebüt bei Blue Note gegeben, das Anfang des Jahres für einen Grammy nominiert war.
“Es gibt einen auffälligen Kontrast zwischen den stilistischen Ansätzen der beiden Saxofonistinnen”, schwärmt Rosnes über die Neuzugänge. “Sie rücken sich dabei gegenseitig ins Licht.” In der Spielweise beider erkennt die Bandleaderin einen starken Sinn für die Geschichte der Musik und vor allem auch Originalität. Bei Glover hört sie Einflüsse von Ikonen wie John Coltrane, Joe Henderson, Eddie Lockjaw Davis und Charlie Rouse heraus. “Nicole hat aber ihren eigenen unverwechselbaren Sound entwickelt. Sie gehört zu der Sorte von Improvisatorinnen, die gerne ins kalte Wasser springen”, sagt Rosnes. “Alexa hat einen prächtigen, entschlossenen Ton auf all ihren Instrumenten und eine besondere Gabe, lyrische Melodien zu kreieren.”
Bevor die Musikerinnen für die Aufnahme von “In Real Time” ins Studio gingen, traten sie eine ganze Woche lang jeden Abend im New Yorker Birdland auf. Sie nutzten die Gelegenheit, um die neuen Stücke vor dem Publikum aus allen nur erdenklichen Winkeln anzugehen. “Wir loteten die Möglichkeiten jeden Abend neu aus”, erinnert sich Rosnes, “und dabei wuchs und veränderte sich die Musik.”
Das Repertoire enthält sechs stilistisch breitgefächerte Originale der Bandmitglieder, darunter ein wunderbares Remake von Rosnes indisch angehauchter Komposition “Empress Afternoon” (von ihrem 2003 mit einem Juno Award ausgezeichneten Blue-Note-Album “Life On Earth”). Gerahmt werden diese Originale von modernen Klassikern, die von zwei unlängst gestorbenen Jazz-Ikonen geschrieben wurden: “Slink” stammt vom 1986 erschienenen Solodebütalbum des Keyboarders Lyle Mays, der annähernd 30 Jahre lang das Alter Ego von Pat Metheny war, und die Ballade “Penelope” stellte der Saxofonist Wayne Shorter erstmals auf seinem 1965 eingespielten Blue-Note-Album “Etcetera” vor. Beide wären sicherlich begeistert davon gewesen, wie die Musikerinnen von Artemis den Kompositionen hier ihren eigenen Stempel aufdrücken.
“Das neue Album repräsentiert auf authentische Weise sowohl das Kollektiv als auch die verschiedenen Individuen”, sagt Schlagzeugerin Allison Miller. “Vom ersten Takt an ist deutlich zu hören, wie sehr wir als Band gewachsen sind. Es gibt ein Vertrauen, das sich seit unserer ersten Aufnahme gefestigt hat, und die Chemie, die zwischen uns herrscht, ist spürbar. Oder um es einfach auszudrücken: Wir klingen wie eine Band!”
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