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Presserückblick: 75 Jahre und kein bisschen leise

Blue Note - 75 Jahre
Blue Note - 75 Jahre
19.12.2014
Mit einer ganzen Reihe aufregender Neuveröffentlichung hat Blue Note Jahr sein 75. Jubiläum gefeiert. Die Kollegen von der Fachpresse haben darüber wie folgt geurteilt:

ROSANNE CASH – THE RIVER & THE THREAD

“Es ist kein leichtes Erbe, das Rosanne Cash als Tochter des ‘Man in Black’ auf ihren Schultern trägt – zumal sich die Cash-Nachfahrin musikalisch auch noch im selben Fahrwasser bewegt wie der berühmte Vater”, konstatierte Mathias Mauersberger im Deutschlandradio. “Von einer etwaigen Erb-'Last' ist auf ‘The River & The Thread’ aber nichts zu spüren: Die 58-jährige singt sich mit kraftvoller Stimme durch elf Songs im modernen Country-Sound und beschwört die Geister des amerikanischen Südens. Eine handwerklich perfekte Mischung aus Zeitgeist und (Familien-)Tradition!”

TAKUYA KURODA – RISING SON

“Bekannt wurde Kuroda in der Band des Sängers José James”, wusste der KulturSpiegel. “Der produzierte nun das Blue-Note-Debüt des aus Japan stammenden 33-jährigen Musikers. Kuroda leitet ein tolles Quintett mit Posaune als zweitem Melodieinstrument. Die Truppe nutzt elektronische Beats und klingt dennoch jazzig. Das mag die Hip-Hop-Generation.”

BENMONT TENCH – YOU SHOULD BE SO LUCKY

“Das Spielchen kann man mit guten Freunden ruhig mal ausprobieren: Track eins (‘Today I Took Your Picture Down’) anspielen und alle raten lassen, für welchen ganz Großen Benmont Tench jahrzehntelang in die Tasten gehauen hat”, schlugen die Kulturnews vor. “Nun, er ist der Pianist von Tom Pettys Heartbreakers – und musste 60 werden, bevor er sein erstes Album unter eigenem Namen veröffentlichen konnte. ‘You Should Be So Lucky’ ist Song für Song ein typisches Heartbreakers-Album – mit riesigem Staraufgebot: Ringo Starr kam, Don Was ebenfalls, und natürlich fehlte in der langen Gästeliste auch Chef Petty selbst nicht. Einer wie Tench hatte bisher wohl einfach zu viel Arbeit im Studio und auf der Bühne, um sein eigenes Ding zu drehen. Dafür, dass ihn Glyn Johns dem Vernehmen nach buchstäblich zum Jagen tragen musste, muss man dem Produzenten daher auf Knien danken.”

AMBROSE AKINMUSIRE – THE IMAGINED SAVIOUR IS FAR EASIER TO PAINT

“Schon seine Albumtitel evozieren Geschichten, die der Hörer weiterspinnen kann, und von narrativem Gestus sind auch seine Kompositionen”, schrieb FonoForum. “Nachdem der Sohn nigerianischer Eltern sich als Bandleader und Trompeter eingeführt hat, den man im Blick behalten sollte, rückt er jetzt seine ambitionierten Kompositionen in den Vordergrund. Er erweitert sein famoses Quintett und lässt Vokalisten, etwa Theo Bleckmann, das Erzählerische der Stücke unterstreichen. Und wenn seine Trompete flüstert und winselt, auftrumpft und jubiliert, wird auch sie zu einer Stimme in seiner Story.”

BRIAN BLADE & THE FELLOWSHIP BAND – LANDMARKS

“Superstars dominierten die Mehrzahl der Schlagzeilen, als die Nominierungen für die 2015er Grammys bekannt gegeben wurden”, hieß es kürzlich im Massenblatt USA Today. Das richtete überraschend den Fokus auf “zehn versteckte Juwelen, einige exzeptionelle Alben, die Musikliebhaber entdecken können, wenn sie die Nominiertenliste genauer in Augenschein nehmen.” Und eines dieser “versteckten Juwelen” war “Landmarks” von Brian Blade & The Fellowship Band. “Blade ist ein Schlagzeuger, der sowohl für seine Arbeit im Jazzbereich als auch für seine Popsessions respektiert wird. Mit seiner Band – besetzt mit zwei Holzbläsern, Bass, Piano und Schlagzeug – spielt er Musik, die komplex, aber einladend ist, idyllisch wie eine Aaron-Copland-Komposition, tief im Land verwurzelt, aber in unerwartete Richtungen sprießend und aufblühend.”

TOSHIO MATSUURA & HEX – HEX

“Toshio Matsuura gilt als Begründer der japanischen Clubkultur, der mit dem japanischen Funk- und Jazzprojekt U.F.O. (United Future Organization) in den 1990er Jahren mit in 32 Ländern vertriebenen Alben für Furore sorgte”, meinte Detlef A. Ott im JazzPodium. “2013 schuf er mit dem Projekt HEX eine Plattform für talentierte und zukunftsorientierte Musiker aus Tokio. Mit dem weltweit erschienenen Album auf dem renommierten Blue-Note-Label präsentieren sie ihre Ideen eines progressiven Jazz, indem sie elektronische Sounds und Klangwelten mit Jazz und seinen Nebenströmen vermischen. Das machen sie in den acht Stücken sehr abwechslungsreich und geschmackvoll. HEX ist ein interessanter Ausblick bezüglich hier und da aufkommender Zweifel, inwieweit mit elektronischer Musik eine kulturelle Evolution möglich ist.”

BOBBY HUTCHERSON, DAVID SANBORN, JOEY DEFRANCESCO & BILLY HART – ENJOY THE VIEW

“Bobby Hutcherson, der Vibraphonist des modernen Jazz schlechthin, der von 1963 bis in die 1970er Jahre 22 Alben für das Label aufnahm, kehrt in seinem 73. Lebensjahr zurück, schließt einen Kreis und schwärmt von der Band”, schrieb Jazzthing. “Sehr groovy und relaxt ergänzen sich im Vordergrund David Sanborns markig-markanter Altsaxophonton und Joey DeFrancescos fauchend-entspannt spannende Hammond B3,wozu Hutcherson sein Instrument mal perkussiv, dann wieder fast pianistisch wie stets von eventuellen Vorwürfen der Starrheit befreit. Als Vierter im Bunde ist der aktuell sehr produktive Billy Hart ein Musterbeispiel für das wie beiläufig Unerwartete. Sieben Eigenkompositionen der Bandmitglieder klingen wie aus einem Guss und ergeben in der Summe eine Bestätigung der Tatsache, dass sich am besten etwas beweisen lässt, wenn man nichts mehr beweisen muss.”

PUSS N BOOTS – NO FOOLS, NO FUN

“Nachdem das Trio Puss N Boots in den vergangenen Jahren gelegentlich in New Yorker Bars eigene Songs sowie Coverversionen zum Besten gab, erscheint jetzt endlich ihr Debüt ‘No Fools, No Fun’”, konnte man im Playboy lesen. “Und so entspannt man sich die intimen Auftritte des Megastars (Norah Jones) mit Begleitung (Catherine Popper und Sasha Dobson) in der Bar um die Ecke vorstellen muss, so entspannt klingen auch die zwölf Nummern des Albums. Nur Gitarre, Bass, Schlagzeug und ihre Stimmen, mehr brauchen sie nicht. Egal, ob die drei dabei Songs von altgedienten Recken wie Neil Young, The Band, George Jones oder eher unbekannten Bands wie The Fellow Travellers covern, die Intention bleibt die gleiche: Spaß. Dem bereits von Norah Jones veröffentlichten Johnny-Cash-Cover ‘Bull Rider’ haben sie den Albumtitel entliehen, aber es sind fünf Eigenkompositionen, bei denen die drei Sängerinnen so richtig brillieren.”

JOSÉ JAMES – WHILE YOU WERE SLEEPING

“Erstaunlich, dass eine so eng zusammenarbeitende Band ein so schwer einzuordnendes Album abliefert”, wunderte sich Melodie & Rhythmus. “Wie eine willkürliche Sammlung voller Höhepunkte. Vom unglaublichen, an J Dilla erinnernden ‘U R The 1’ mit seinem verschleppten Beat bis zum mit Hendrix-Gitarre agierenden ‘Anywhere You Go’. Jeder Song funktioniert in seinem eigenen Kosmos und erreicht das gesteckte Ziel, Jazz neu zu verorten. Man möchte raten, ‘While You Were Sleeping’ nicht als Album zu hören, sondern jedes Lied einzeln, mit Abstand, um zu verstehen, was hier angedacht wurde.”

OTIS BROWN III – THE THOUGHT OF YOU

“Als Drummer einen Vertrag beim Blue-Note-Label erhalten?”, fragt Heribert Ickerott in JazzPodium. “Das ist eine rare Ausnahme, Art Blakey hat das z.B. vor einem halben Jahrhundert geschafft. Nicht erst im 75. 
Jahr seines Bestehens ist das Traditionlabel bemüht, jungen Musikern wie dem Drummer Otis Brown III eine Chance zu geben. Die nutzt der New Yorker Drummer mit einem jungen Ensemble, in dem Pianist Robert Glasper und Bassist Ben Williams die bekanntesten Mitglieder sind, ganz entschieden. Die Kompositionen des Albums sprühen vor Energie, ohne das lyrische Moment ganz aufzugeben. Die Heterogenität des Materials ist für Browns Band eine Herausforderung, die sie mühelos meistert und dabei ein ums andere mal für Überraschungsmomente sorgt. Ein starkes Debüt mit einem aufregenden Mix aus Gefühl und Intellekt.”