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Französisches Multitalent – Nachruf auf Michel Legrand

Im Alter von 86 Jahren ist am 26. Januar der große französische Komponist und Pianist Michel Legrand in seiner Heimatstadt Paris verstorben.
Michel Legrand
Michel Legrand
30.01.2019
“Die Melodie ist eine Geliebte, der ich immer treu bleiben werde”, meinte Michel Legrand einmal. Sie sei für ihn das wahre Lebenselixier der Musik. Sein Faible für Melodien bewies Legrand in über 200 Kompositionen, vor allen Dingen für Film und Fernsehen, die ihn zu einem der weltweit erfolgreichsten Filmkomponisten machten und ihm unter anderem drei Oscars und fünf Grammys einbrachten. Aus seiner Feder flossen dabei noch heute bei Jazzmusikern beliebte Standards wie “The Windmills Of Your Mind”, “You Must Believe In Spring”, “Once Upon A Summer Time” und “What Are You Doing The Rest Of Your Life?”.
Aber nicht nur als Filmkomponist war Legrand über alle Maßen produktiv und erfolgreich, er nahm auch Jazz- und Orchesteralben auf, begleitete berühmte Sängerinnen und Sänger und verfasste 2013 sogar eine Oper. Obwohl der am 24. Februar 1932 in Paris geborene Musiker eigentlich einen Klassik-Background hatte, war er – wie auch viele andere Schüler der großen Lehrerin Nadia Boulanger – ein leidenschaftlicher Jazzliebhaber. Schon als 20-Jähriger arrangierte er das Streichorchester der Pariser Oper für eine Aufnahme mit Dizzy Gillespie. Seine komplexen, aber auch eingängigen Arrangements wurden später oft mit denen von Gil Evans verglichen.
Besonders eindrucksvoll gelangen ihm die Arrangements, die er 1958 für das Album “Legrand Jazz” fertigte und bei drei Sessions unter seiner Leitung von illustren Größen wie Miles Davis, John Coltrane, Bill Evans, Ben Webster, Hank Jones, Donald Byrd, Art Farmer, Phil Woods, Herbie Mann, Paul Chambers und Jimmy Cleveland einspielen ließ.

Ein Jahr später bewies Legrand seine Finesse als Jazzpianist mit dem Trio-Album “Paris Jazz Piano” (1959), auf dem er zusammen mit Bassist Guy Pedersen und Schlagzeuger Gus Wallez glänzt.
Ein erfrischend modernes Album entstand 1972 zusammen mit Saxophonist Stan Getz für Verve Records: “Communications ’72”. Getz ist hier zusammen mit einer Vocalgruppe bestehend aus Mitgliedern der Swingle Singers, darunter Legrands Schwester Christiane, zu hören. Im Titelstück liefert sich Michel Legrand eine atemberaubende Unisono-Vokalese zusammen mit dem Saxophon von Stan Getz.
Auf dem Album “Michel Legrand Big Band” (1999) glänzte Legrand einmal mehr mit komplexen, aber dennoch mitreissenden neuen Arrangements einiger seiner Evergreens.
“Seit meiner Kindheit ist es mein Ziel gewesen, komplett von Musik umgeben zu leben”, erinnerte sich Legrand einmal. “Mein Traum ist es, nichts auszulassen. Deshalb habe ich mich nie auf eine Musikrichtung festgelegt. Ich liebe es zu spielen, zu dirigieren, zu singen und zu schreiben, und zwar in jedem erdenklichen Stil.” In einer sieben Jahrzehnte umspannenden Karriere hat Michel Legrand diesen Traum Wirklichkeit werden lassen. Am 26. Januar 2019 ist sein von wunderbaren Melodien und Rhythmen erfülltes Leben nun in seiner Heimatstadt Paris zu Ende gegangen. Hinterlassen hat Legrand der Musikwelt ein erstaunliches Werk aus Filmmusiken, Jazz und Aufnahmen in ungewöhnlicher Stilvielfalt.