Chico Hamilton – Ein Feingeist unter Rhythmusknechten
29.11.2013
Vor fünf Jahren verlor Hamilton seinen sieben Jahre jüngeren Bruder Bernie, einen Schauspieler, der vielen als Captain Dobey aus der TV-Serie “Starsky & Hutch” bekannt sein dürfte. Nun ist auch Chico Hamilton im Alter von 92 Jahren in New York verstorben.
Als Chico Hamilton Anfang der 1940er Jahre seine Karriere begann, hatten Jazzschlagzeuger noch eine ziemlich klar festgelegte Aufgabe: sie waren so etwas wie die Motoren der Big-Bands und Taktgeber kleinerer Ensembles, die sich dezent im Hintergrund zu halten hatten. Lediglich bei Live-Auftritten räumten ihnen die Bandkollegen die Möglichkeit ein, mit Soloeinlagen einmal selber kurz ins Rampenlicht zu treten. Dass Schlagzeuger auch mehr als reine Rhythmusknechte sein könnten und sogar melodische Funktionen übernehmen können, konnte sich damals niemand so recht vorstellen. Auch wenn es in Chick Webb, Gene Krupa und Buddy Rich schon früh ein paar Schlagzeuger gab, die auch als Bandleader erfolgreich waren. Das Bild wandelte sich erst, als filgrane Feingeister wie Chico Hamilton die Szene betraten.
Chico Hamilton kam am 20. September 1921 in Los Angeles als Foreststorn Hamilton zur Welt und spielte während seiner Highschool-Zeit bereits mit späteren Größen wie Dexter Gordon, Illinois Jacquet und Charles Mingus zusammen. Unter Slim Gaillard machte er seine erste Plattenaufnahme und erwarb sich danach in den Bands Lionel Hampton, Count Basie, Lester Young, Lena Horne und Gerry Mulligan erste Reputation. 1955 formierte Hamilton sein erstes eigenes Ensemble, das durch seine ungewöhnliche kammermusikalische Besetzung (mit Saxophonist Buddy Collette, Gitarrist Jim Hall, Cellist Fred Katz und Bassist Jim Aton) auffiel und als die letzte bedeutende West-Coast-Jazz-Band gilt. In seinen Bands präsentierte Chico Hamilton immer wieder junge talentierte Musiker wie die Saxophonisten Charles Lloyd oder Sadao Watanabe. Ein ganz besonderes Faible hatte er aber für Gitarristen. John Pisano, Dennis Budimir, Gabor Szabo, Larry Coryell und Eric Gale erlangten durch ihre Zugehörigkeit zu Chicos Bands internationale Bekanntheit. Mit Szabo und Coryell spielte Hamilton in den 1960er Jahren für das damals tonangebende Impulse!-Label Albumklassiker wie “El Chico” und “The Dealer” ein. Und auch in hohem Alter erwies sich der Schlagzeuger, der über 60 Alben unter seinem Namen einspielte, noch als experimentierlustiger und allem Neuen gegenüber aufgeschlossener Musiker. Kurz vor seinem Tod beendete er die Aufnahmen für sein letztes Album mit dem bezeichnenden Titel “Inquiring Minds”, das im kommenden Jahr erscheinen soll.
