Manche Produzenten wählen die Künstler, mit denen sie zusammenarbeiten, nach ihrem kommerziellen Potenzial oder ihrer Berühmtheit aus. Andere nach ihrer Experimentierfreudigkeit oder stilistischen Vorlieben. Für Tommy LiPuma gab es stets nur ein Kriterium: den “Gänsehaut-Faktor”. Und eine Gänsehaut verschaffte ihm vor allem die perfekte Kombination aus Songs, Stimme und Stil. “Ich kann nicht immer genau auf den Punkt bringen, was mir sagt, dass etwas funktionieren wird,” meinte er einmal. “Ich suche nach dem Gänsehaut-Faktor, richte meinen Fokus auf Künstler, deren Musik mein Innerstes anspricht…”
Gefunden hat er diesen Faktor in den rund sechzig Jahren, die er als er Produzent für Labels wie A&M Records, GRP, Verve Records und Blue Thumb tätig war, unter anderem bei Barbra Streisand, Miles Davis, George Benson, David Sanborn, João Gilberto, Al Jarreau, Michael Franks, Bob James, Natalie Cole, Dr. John, Rickie Lee Jones, Everything But The Girl, Paul McCartney und nicht zuletzt
Diana Krall.
“Tommy LiPuma war für mich mehr als nur ein Plattenproduzent”, schrieb Krall auf ihrer Facebook-Seite, als sie von LiPumas Tod erfuhr. “Er war ein Künstler, ein Freund und mein Ratgeber. Wir genossen es immer so sehr, nach getaner Arbeit noch ein Gläschen zu trinken und mehr Zeit miteinander zu verbringen. Ich habe einen Brief, den ich im vergangenen Januar geschrieben habe, als wir in den Capitol Studios waren. Darin heißt es: ‘Ich hätte das ohne Dich nicht geschafft. Du sollst wissen, dass Deine Anwesenheit, Dein Einfluss, Deine Weisheit und Inspiration der eigentliche Grund dafür waren, dass ich es geschafft habe, jede einzelne unserer gemeinsamen Aufnahmen zu machen. Niemand sonst würde das so wie Du hinbekommen und verstehen, wie alles zusammenpasst.’”
Die kanadische Pianistin und Sängerin kannte LiPuma wahrscheinlich besser als viele andere Künstler, die er produziert hatte. 1994 gingen sie das erste Mal für die Aufnahme von Kralls zweitem Album “Only Trust Your Heart” zusammen ins Studio. Danach waren sie gewissermaßen unzertrennlich. Denn LiPuma produzierte – bis auf die beiden Ausnahmen “Glad Rag Doll” (2012) und “Wallflower” (2015) – sämtliche Alben des Jazzstars. Eines davon – “Live In Paris” – brachte ihm 2003 einen seiner drei Grammy Awards ein. Unter dem Titel “Turn Up The Quiet” hatten die beiden erst kürzlich ein neues Krall-Album fertiggestellt, das im Mai erscheinen wird. Und Tommy LiPuma dürfte es ein letztes Mal jene wohlige Gänsehaut bereitet haben, die viele der von ihm produzierten Alben weltweit Abermillionen verschaffen. Keine Frage: Im Pantheon der großen Produzenten gebührt Tommy LiPuma ein Platz an der Seite von “Starmachern” wie Phil Ramone, George Martin und Jerry Wexler.