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Archetyp des Freigeistes – zum Tod von Larry Coryell

Larry Coryell (c) larrycoryell.net
Larry Coryell (c) larrycoryell.net
22.02.2017
Der am Sonntag verstorbene Larry Coryell wird in nahezu allen Nachrufen als “Godfather of Fusion” bezeichnet. Ob er dies wirklich war, darüber kann man streiten. Denn auf der anderen Seite des Atlantiks hatte ein gewisser John McLaughlin schon zwei Jahre vor dem US-Amerikaner ganz ähnliche Experimente gestartet, um ein Amalgam aus Jazz, Blues und Rock herzustellen. Doch Coryell gehörte – wie auch McLaughlin – zweifellos zu den großen Pionieren der Fusionmusik. Die Wege der beiden Gitarristen sollten sich später konsequenterweise mehrfach kreuzen: etwa 1970 auf dem Coryell-Album “Spaces” (das zudem noch Chick Corea, Billy Cobham und Miroslav Vitouš featurete) oder 1979 im Guitar Trio mit dem spanischen Flamenco-Musiker Paco de Lucía.
Coryells professionelle Laufbahn begann, als er 1965 den ungarischen Gitarristen Gábor Szabó (ein weiterer Fusion-Pionier) in der Band des Schlagzeugers Chico Hamilton ersetzte. Zeitgleich gründete er mit Schlagzeuger Bob Moses und Saxophonist Jim Pepper die Band The Free Spirits, die er aber 1967 verließ, um sich dem Vibraphonisten Gary Burton anzuschließen. 1968 nahm er unter dem Titel “Lady Coryell” sein erstes Soloalbum mit Bob Moses sowie Jimmy Garrison und Elvin Jones, dem Rhythmusgspann des legendären John Coltrane Quartet, auf. 1973 gründete Coryell die Band The Eleventh House, die neben Tony Williams Lifetime, Weather Report, Return To Forever und John McLaughlins Mahavishnu Orchestra zur Speerspitze der progressiven Fusion-Bewegung zählte.
Nachdem er The Eleventh House 1976 aufgelöst hatte, wandte sich Coryell eine zeitlang verstärkt dem Spiel auf der akustischen Gitarre zu und nahm Duo- oder Trio-Alben mit Instrumentalkollegen wie Steve Khan, Philip Catherine, John Scofield und Joe Beck auf. Obwohl er bis zuletzt ausgesprochen produktiv war und auf über 100 Alben mitwirkte, geriet Coryell ab den 1980er Jahren ein wenig aus dem Fokus vieler Jazzfans. Seine umfangreiche Diskographie zeigt Larry Coryell aber durchweg als einen musikalischen Freigeist, der sich nie um Genregrenzen scherte.
Erst letztes Jahr hatte Coryell mit Trompeter Randy Brecker, Bassist John Lee, seinem ebenfall Gitarre spielenden Sohn Julian und Schlagzeuger Alphonse Mouzon The Eleventh House wiederauferstehen lassen und mit der Band das neue Album “Seven Secrets” aufgenommen. Für Mitte 2017 war der Beginn einer großen Tournee geplant. Dann starb am 25. Dezember 2016 Alphonse Mouzon, der schon zur Ursprungsformation des Ensembles gehört hatte. Und nun ist auch Larry Coryell für immer von der Bühne des Lebens abgetreten.