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1619 Broadway, The Brill Building Project – Kurt Elling

Kurt Ellings neues Album “1619 Broadway: The Brill Building Project” ist ein Tribut an die Stadt New York, die seit 2008 die Heimat des gebürtigen Chicagoers ist. Doch den überstrapazierten Klassiker “New York, New York” wird man darauf vergeblich suchen.
Kurt Elling
Kurt Elling© Anna Webber
11.10.2012
Die Tatsache, dass nicht nur die New York Times Kurt Elling als den “herausragenden Jazzvokalist der Gegenwart” bezeichnet, hat einen einfachen Grund: Der 44-jährige Sänger wagt sich mit jedem Album an ein neues Projekt und offenbart so eine Vielseitigkeit, die den Großteil seiner Jazz singenden Kollegen in den Schatten stellt. Nachdem er 2010 für seinen John Coltrane/Johnny Hartmann-Tribut “Dedicated To You” seinen ersten Grammy erhielt, gewann Elling 2012 für das Album “The Gate”, auf dem er einen spannenden Ausflug in Pop- und Rockgefilde unternahm, in Deutschland den ECHO Jazz als bester internationaler Sänger. Jetzt setzt er sich auf “1619 Broadway: The Brill Building Project” mit Erfolgen aus der bekanntesten Songschmiede der Welt auseinander. Und wie immer gönnt sich Kurt Elling bei seinen brillanten Interpretationen alle Freiheiten eines wahren Jazzers.

Musikalische Liebeserklärung an New York

“Nachdem ich schon so viele Projekte durchgezogen hatte, die eine Liebeserklärung an Chicago waren, wollte ich etwas machen, um meiner Liebe zu New York Ausdruck zu verleihen”, erläutert Elling. Beide Städte haben seine Karriere definiert. Elling lernte sein Handwerk in Chicago und nahm dort einige seiner frühen Alben auf – darunter natürlich sein Debütalbum “Close Your Eyes”, das ihn national bekannt machte und ihm zudem seine erste Grammy-Nominierung einbrachte. (Bei dieser Gelegenheit sei gleich verraten, dass jedes einzelne seiner bislang neun Alben für mindestens einen Grammy nominiert wurde – ein Kunststück, das außer ihm noch niemand vollbracht hat!)

Seit 2008 lebt Elling mit seiner Familie nun aber schon in Manhattan, und mit “1619 Broadway – The Brill Building Project” zollt er New York erstmals Tribut. “Ich wollte nicht zu den New Yorker Songwritern Zuflucht nehmen, auf die Jazzmusiker üblicherweise zurückgreifen: die Gershwins, Rodgers und Hart oder Cole Porter. Ich liebe sie alle, aber ich wollte etwas anderes machen. Und die riesige Songkollektion, die das Brill Building hervorgebracht hatte, schien mir eine wahre Goldmine zu sein.”

Der legendäre “Brill Building Sound”

Das legendenumwobene Brill Building findet man am Broadway, im Herzen von Midtown-Manhattan, unter der Hausnummer 1619. Es glich über Jahrzehnte einer Honigwabe aus Büros und klaustrophobischen Studios. In seiner besten Zeit waren dort mehr als 160 Mietparteien untergebracht, die als Kreative im Popmusikgeschäft tätig waren. Von diesen war die große Mehrheit Komponisten und Lyriker. Ab Mitte der 1930er Jahre bis in die frühen 1970er Jahre hinein produzierten die Architekten des “Brill Building Sounds” am Fließband den Großteil der Popsongs, mit denen drei Generationen von US-Amerikanern aufwuchsen.

Unter dem Begriff “Brill Building Sound” sind zahllose Rock’n’Roll-Meisterwerke zusammengefasst, die das Genre definierten und seinen Reifungsprozess markierten. Diese sofort wiedererkennbaren Songs stammten von Songwriting-Teams wie Jerry Leiber und Mike Stoller, Carole King und Gerry Goffin, Barry Mann und Cynthia Weil sowie Burt Bacharach und Hal David. Doch Elling beschränkte sich keineswegs auf deren Klassiker, sondern pickte auch einige Nummern heraus, die erst auf den zweiten Blick ihre Verbindung mit dem Brill Building offenbaren. “Das Brill Building ist sowohl eine physikalische Realität als auch ein mentales Konstrukt”, erläutert er. “Und aus diesem Grund hatte ich auch kein Problem damit, mein Netz etwas weiter auszuwerfen.” Eingefangen hat er so u.a. Songs Sam Cooke (“You Send Me “) über Duke Ellington (“Tutti For Cootie”) bis hin zu Paul Simon (“American Tune”). In Ellings Händen funkeln all diese Klassiker nun wie brandneu geschliffene Juwelen. Ein Grammy-verdächtiges Meisterwerk!
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