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Julian Lage – Musik mit einem klaren, spirituellen Puls

Auf seinem Blue-Note-Debüt “Squint” zeigt der Gitarrist Julian Lage seine Qualitäten als Songwriter und im Zusammenspiel mit seinen Trio-Partnern Jorge Roeder und Dave King auch sein Improvisationstalent.
Julian Lage - Squint
Julian Lage - Squint
10.06.2021
Das Album als CD, LP und als exklusive Sonderedition in marmoriertem Vinyl finden Sie in unserem JazzEcho-Store.   
“Ich liebe improvisierte Musik total und habe auch Singer-Songwriter-Musik schon immer faszinierend gefunden”, sagt Julian Lage. “In meinem Augen trug der Jazz, den Blue Note hervorgebracht hat, stets beiden Aspekten Rechnung. Es gab Aufnahmen mit einem unglaublichen Improvisationsvokabular und fantastischen Darbietungen, aber wenn ich an Alben wie Grant Greens ‘Idle Moments’, Joe Hendersons ‘Inner Urge’ und McCoy Tyners ‘Time For Tyner’ mit Bobby Hutcherson denke – all diese Platten, die ich so sehr liebe, enthalten auch absolut großartige Songs. Ich hatte das Gefühl, dass dies für mich eine Gelegenheit war, neue Musik zu präsentieren, die aus der Blue-Note-Tradition, so wie ich sie interpretiert habe, entstanden ist.”
Als das Trio im Januar 2020 für sechs aufeinanderfolgende Nächte die Bühne des Village Vanguard in New York betrat, schienen Lages Ideen bereits perfekt ausgereift zu sein. Ein paar Wochen nach dem Gastspiel wollten die Musiker ins Studio gehen, um “Squint” aufzunehmen. Doch dann durchkreuzte die Corona-Pandemie ihre Pläne. Also nutzte Lage die erzwungene Auszeit, um seine neuen Songs im Licht des Lockdowns und der “Black Lives Matter”-Proteste noch einmal umzugestalten. Und als er im August dann endlich mit Roeder und King in Nashville die Studios des Sound Emporium betreten konnte, hatten die Stücke eine andere Stimmung angenommen: sie klangen nun tiefgründiger, düsterer, geheimnisvoller und eindringlicher.
Squint” ist im Grunde Frucht einer rund zweijährigen Zusammenarbeit zwischen Julian Lage, dem peruanischen Bassisten Jorge Roeder und Dave King, seines Zeichens Schlagzeuger des innovativen Jazztrios The Bad Plus. 2018 hatten sie für Mack Avenue schon gemeinsam das Album “Love Hurts” eingespielt. “Squint” reflektiert die lockere, aber bestens abgestimmte Chemie, die mittlerweile zwischen diesen drei Musikern herrscht, während es in den neuen Originalen zugleich Zeugnis von den breitgefächerten Einflüssen der Protagonisten ablegt. Lages lyrische Windungen offenbaren seine Liebe zu frühem Rock und Blues sowie zu Songbook-Standards und den kühnen, unvergesslichen Kompositionen seiner Jazzidole. Einen gewissen Einfluss auf Lages Songwriting übten aber auch die Sängerin und Songschreiberin Margaret Glaspy und Jeff Tweedy aus, mit dem sich der Gitarrist während des Lockdowns immer wieder ungezwungen austauschte. Zu spüren ist der Einfluss des Wilco-Frontmanns vor allem in wunderbar eingängigen Stücken wie “Saint Rose”, einer Ode an an Lages kalifornische Heimatstadt Santa Rosa.
“Als ich dieses Album in Angriff nahm”, erinnert sich Lage, “betrachtete ich es als meine erste Aufgabe, einfach nur positive, schöne Musik zu machen – es sollte ein Lichtstrahl von drei Freunden sein, die sich mögen und prima verstehen. Aber als ich die Aufnahmen dann auf Eis legen musste, begann ich noch einmal über den Zweck der Musik nachzudenken. Dabei wurde mir mehr denn je bewusst, dass Kunst und Musik Plattformen sind, über die man beeinflussen und heilen und Gespräche ermöglichen kann. Es wurde mir wirklich wichtig, ein gewisses Maß an emotionaler Komplexität in der Musik einzufangen, ihr ein wenig Unschärfe zu geben. Diese Aufnahme nimmt ohne Scheu einen Platz im Unbekannten ein.”
Als Koproduzenten standen Julian Lage bei seinem Blue-Note-Debüt sein langjähriger Freund und Instrumentalkollege Armand Hirsch sowie die bereits erwähnte Margaret Glaspy zur Seite. “Zum Einen ist die Unterstützung durch Margaret und Armand für mich ein reiner Luxus”, sagt Lage. “Aber ich habe auch tiefen Respekt vor dem, was die beiden in die Musik einbringen. Sie halfen mir dabei, sicherzustellen, dass die essentielle Erfahrung immer im Vordergrund stand. Es sollte nie darum gehen, ‘Squint’ nur zu einer guten Jazzgitarrenplatte zu machen. Viel wichtiger war, Musik mit einem klaren, spirituellen Puls zu erschaffen.”
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