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Cool am Pool – Gregory Porters neues Album auf dem Plattenteller

Auf dem imposanten LP-Cover sticht das Titelfoto eines vollbekleidet im Swimmingpool stehenden Gregory Porter noch mehr ins Auge. Und wie klingt das Vinyl?
JazzEcho-Plattenteller - Gregory Porter
JazzEcho-Plattenteller - Gregory Porter
05.11.2020
Seltsam, anders kann man es wohl nicht bezeichnen, was da auf dem Cover von Gregory Porters aktuellem Album “All Rise” zu sehen ist: der Sänger in einem taubenblauen Anzug und mit rot-cremefarben gestreiften Hemd inklusive passendem Einstecktuch posiert vollbekleidet in und an einem Süßwasserpool und übt sich im Trockenspringen. Ebenso rätselhaft wie poppig anzusehen. Dreieckige Bildmuster durchziehen das in stabiler Pappe gefasste Gatefold-Album. Auch die bedruckten Innenhüllen für die zwei 180 Gramm schweren Vinylscheiben sprechen dieselbe Formensprache: Dreieck- bzw. Pyramiden-Formen dominieren. Warum wohl der Pool? Ist das eine Reminiszenz an David Hockney? Oder legt der tiefgläubige Porter es gar auf eine “Übers-Wasser-Gehen” Allegorie an? Auf “All Rise” bleibt die verspielt mysteriöse Gestaltung nicht das einzig bewusst Uneindeutige: vieldeutige Texte zwischen religiösen Bekenntnissen, philosophischen Betrachtungen und Geschichten von Selbstheilung fordern vom Hörer, sich auf die neuen Songs des Künstlers einzulassen.  
Denn was mehr zählt als Optik und Verpackung ist natürlich der Sänger im Mittelpunkt. Er ist der Schlüssel zu den – vielleicht auch das kein Zufall – 13 Songs auf dem Doppelalbum, die in Zeiten, in denen Zuversicht, Optimismus und Gottvertrauen Mangelware zu sein scheinen, genau das vermitteln. Die aufwändige Produktion – bis auf wenige Ausnahmen fast immer in größerer Besetzung – ist beeindruckend. Warm klingt das Vinyl und dennoch ist der Sound klarer als ein Bergsee. Wie es Porter und seinem Produktionskollegen Troy Miller gelungen ist, das Beste der analogen Welt mit zeitgeistiger digitaler Technik zu verheiraten, darf zu Recht als Meisterleistung bezeichnet werden. Mit “All Rise” unterstreicht Gregory Porter auch in der LP-Variante seine führende Rolle im modernen Vokal-Jazz, der sich Pop und Soul wohlwollend öffnet.
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