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Blue Note Classic Vinyl Serie – alles andere als blutige Anfänger

In der Klassiker-Vinyl-Reihe erscheinen diesmal die Blue-Note-Debüts von zwei Saxofon-Legenden: Cannonball Adderleys “Somethin’ Else” und Joe Hendersons “Page One”
Blue Note Classic Vinyl - Joe Henderson "Page One" / Cannonball Adderley "Somethin' Else"
Blue Note Classic Vinyl - Joe Henderson "Page One" / Cannonball Adderley "Somethin' Else"
11.02.2021
Diese LPs und weitere Folgen aus der Classic Vinyl-Serie finden Sie in unserem JazzEcho-Store.   
Mit seiner “Blue Note Classic Vinyl Series“ knüpft Blue Note an die gefeierte “Blue Note 80 Vinyl Reissue Series” an, mit der das von Don Was geleitete Traditionslabel 2019 sein 80-jähriges Jubiläum beging. Wie in der Vorläufer-Serie werden sämtliche Aufnahmen von Kevin Gray (Cohearent Audio) von den analogen Originalbändern neu gemastert, bei Optimal in Deutschland auf hochwertiges 180-Gramm-Vinyl gepresst und in Standardverpackungen angeboten.
Cannonball Adderley – Somethin’ Else
“Ist es das, was du wolltest, Alfred?”, fragte Miles Davis mit seiner unverwechselbaren Raspelstimme, als der letzte Chorus von “One For Daddy-O” ausgeklungen war. Es dürfte genau das gewesen, was dem Produzenten Alfred Lion vorgeschwebt hatte. Denn Miles hatte sich bei der Einspielung von “Somethin’ Else” nicht auf die Rolle als Sideman beschränkt, sondern dem Album des Altsaxofonisten Cannonball Adderley mit seinen Soli eigene Glanzlichter aufgesetzt. Adderley war zum Zeitpunkt der Aufnahme, im März 1958, Mitglied des Miles Davis Sextet.
Mit dem hatte er erst fünf Tage zuvor die letzten Takes für das brillante Album “Milestones” eingespielt, dem ein Jahr später mit “Kind Of Blue” ein weiterer Meilenstein des modalen Jazz folgen sollte. Wie sehr die Chemie zwischen dem Altsaxofonisten und dem Trompeter damals stimmte, beweist die Session für “Somethin’ Else”, die mit einer unter die Haut gehenden Interpretation der Ballade “Autumn Leaves” besonders inspiriert begann. Ein anderer Höhepunkt des Albums war das flockig swingende Titelstück, bei dem sich Cannonball und Miles eine mitreißende Call-and-Response-Einlage lieferten. Vervollständigt wurde die exzellente Quintett-Besetzung durch den Pianisten Hank Jones, den Bassisten Sam Jones und  Schlagzeuger Art Blakey. Was dieses Hardbop-Juwel, das zudem wunderbare Versionen von Cole Porters Love For Sale” und “Dancing In The Dark” enthielt, noch auszeichnet: “Somethin’ Else” war nicht nur Cannonball Adderleys einziges Album für Blue Note, sondern auch eine der wenigen Aufnahmen des Labels, auf der Miles Davis zu hören war.
Joe Henderson – Page One
Für den 26-jährigen Joe Henderson war sein Blue-Note-Debüt – anders als für Cannonball Adderley – zugleich sein erstes eigenes Album überhaupt. Ein wenig Studioerfahrung hatte er erst  kurz zuvor bei Blue-Note-Aufnahmen mit dem Gitarristen Grant Green und dem Trompeter Kenny Dorham gesammelt. Letzterer hatte den noch relativ unbekannten Tenorsaxofonisten bei einer Session im New Yorker Birdland erlebt und war von ihm so beeindruckt, dass er ihn nicht nur dazu einlud, auf seinem Album “Una Mas” mitzuwirken, sondern ihm auch gleich einen Plattenvertrag bei Blue Note vermittelte. Außerdem stand Dorham Henderson neben Coltrane-Pianist McCoy Tyner, Bassist Butch Warren und Schlagzeuger Pete La Roca auch bei der Einspielung von “Page One” zur Seite. Vom Start weg beeindruckte der junge Tenorist mit einer ungewöhnlichen stilistischen Flexibilität. Vollkommen unbefangen mischte er Hard-Bop und Bebop mit Elementen von Rhythm’n’Blues und Bossa Nova.
Neben vier eigenen Kompositionen (darunter die wunderbare Bossa “Recorda Me”) spielte Henderson auch zwei Nummern aus der Feder von Dorham ein: “La Mesha” und das eigens für die Session geschriebene “Blue Bossa”, das bekanntlich zu einem Klassiker wurde. In den folgenden Monaten kam Joe Henderson dann kaum noch aus dem Studio heraus und war an den Aufnahmen etlicher Meilensteine beteiligt: von Grant Greens “Idle Moments” und Lee Morgans “The Sidewinder” über Bobby Hutchersons “The Kicker” und Andrew Hills “Point Of Departure” bis hin zu Horace Silvers “Song For My Father” und Larry Youngs “Unity”.
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