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Acoustic Sounds Vinyl Serie: historische Begegnungen der singulären Art

1962/63 arrangierte Impulse!-Produzent Bob Thiele zwei wirklich einmalige Gipfeltreffen: Eines zwischen John Coltrane und Johnny Hartman, das andere zwischen Duke Ellington und Coleman Hawkins.
JazzEcho-Plattenteller: John Coltrane And Johnny Hartman / Duke Ellington Meets Coleman Hawkins (Verve Acoustic Sounds Series)
JazzEcho-Plattenteller: John Coltrane And Johnny Hartman / Duke Ellington Meets Coleman Hawkins (Verve Acoustic Sounds Series)
10.05.2022
Diese LP und weitere Folgen aus der Acoustic Sounds-Serie finden Sie in unserem JazzEcho-Store.  
Für die Reihe “Acoustic Sounds Vinyl” ist das Beste gerade gut genug. Präsentiert werden in dieser Serie ausschließlich Bestseller aus den Katalogen von Verve Impulse! und anderen klassischen Jazzlabels, die über viele Jahrzehnte hinweg nichts von ihrer ursprünglichen Faszinationskraft eingebüßt haben. Dass hier nicht nur musikalisch das Beste geboten wird, garantiert Verve Records dabei durch die enge Zusammenarbeit mit dem renommierten Team von Acoustic Sounds. Unter der Supervision von Firmengründer Chad Kassem mastern dort erfahrene Toningenieure die Aufnahmen von den originalen Analog-Tonbändern neu, bevor sie bei Quality Record Pressings auf 180-Gramm-Vinyl gepresst werden. Die fertigen Scheiben werden dann in von Stoughton Printing Co. produzierte hochwertige Klapphüllen mit sogenannten Tip-On-Jackets gesteckt, die dem Album ein besonders edles Aussehen verleihen.
John Coltrane And Johnny Hartman
Bevor Bob Thiele 1961 die Leitung von Impulse! Records übernahm, hatte er sich u.a. beim Decca-Ableger Coral einen Namen als Produzent von Popsängerinnen und -sängern gemacht. Mit diesen Erfahrungen im Hinterkopf, kam er Anfang 1963 auf die ausgefallene Idee, John Coltrane - den Star des Labels, bei dem bis dahin ausschließlich Instrumentalaufnahmen erschienen waren – mit einem Vokalisten seiner Wahl zusammenzubringen. Als Partner für das Projekt suchte sich der Saxofonist überraschenderweise Johnny Hartman aus, einen Balladensänger mit einer tiefen, sanften Baritonstimme. Hartman war in den späten 40ern durch Auftritte mit dem Earl Hines Orchestra, der Dizzy Gillespie Bigband und dem Erroll Garner Trio bekannt geworden, konnte aber nach einem zweijährigen England-Aufenthalt in den USA nicht mehr so recht an seine frühen Erfolge anknüpfen. Als Thiele wegen des geplanten Vorhabens mit ihm Kontakt aufnahm, war der Sänger zunächst skeptisch, ob er wirklich mit dem von ihm bewunderten Saxofonisten zusammenpassen würde.
Doch es sollte sich herausstellen, dass Hartman sich da gewaltig geirrt hatte. “Die Begegnung Hartmans mit Coltranes Quartett wurde zu einem ebenso denkwürdigen wie einmaligen Moment”, bilanzierte Ashley Kahn in seinem Buch “Impulse! Das Label, das Coltrane erschuf”. “'John Coltrane And Johnny Hartman' zählt zu den Kronjuwelen im Programm von Impulse; seinen Ruf verdankt es vielgerühmten, manche sagen sogar: endgültigen Interpretationen von ‘My One And Only Love’, ‘Lush Life’ und ‘They Say It’s Wonderful’. Die Kombination der zuversichtlichen Unbekümmertheit des Sängers und der entspannten Soli Coltranes erwies sich als durchschlagender Erfolg bei der Kritik wie beim Publikum, obwohl die Platte nur sechs Stücke enthielt.”
Wenngleich John Coltrane und Johnny Hartman natürlich die unbestrittenen Stars des Albums waren, konnten sich auch Pianist McCoy Tyner, Bassist Jimmy Garrison und Schlagzeuger Elvin Jones glänzend in Szene setzen. Tyner gestaltet geschmackvoll die Akkorde aus, erweitert die Harmonien und hält den Ton dieser Balladen respektvoll, ohne übermäßig sentimental zu werden. Und alle Musiker gehen der tiefen Struktur der Songs auf den Grund und scheuen sich nicht, auf die wesentlichste und eleganteste Weise zu spielen. 
2013, fünfzig Jahre nach seiner ursprünglichen Veröffentlichung, wurde das Album in die Grammy Hall of Fame aufgenommen, während die von dem Album stammende gemeinsame Interpretation von “Lush Life” dort schon im Jahr 2000 Einzug gehalten hatte.
Duke Ellington & Coleman Hawkins – Duke Ellington Meets Coleman Hawkins
“Eines der großen Ellington-Alben, eines der großen Hawkins-Alben, und eines der großen Alben der 1960er Jahre.” Mit diesen Worten pries Peter Watrous 1995 in der New York Times die einzige auf Platte dokumentierte Begegnung zwischen Duke Ellington und Coleman Hawkins an. Beide Musiker waren in den 1920er Jahren zu Jazzgiganten aufgestiegen und hegten seitdem allerhöchsten Respekt für einander. Tatsächlich hatte Ellington schon rund zwanzig Jahre, bevor dieses Aufeinandertreffen endlich zustande kam, Hawkins vorgeschlagen, ein gemeinsames Album zu machen. Er versprach sogar, ihm extra ein Stück dafür zu komponieren. Und obwohl auch Hawkins auf Anhieb von der Idee begeistert war, verstrichen Jahre und Jahrzehnte, ohne dass sie das Vorhaben – über das sie immer wieder sprachen, wenn sich ihre Wege kreuzten – in die Tat umsetzen konnten.
Bis schließlich Bob Thiele im August 1962 Nägel mit Köpfen machte und eine Aufnahmesession in Rudy Van Gelders Studio in Englewood Cliffs/New Jersey anberaumte. Zu dem historischen Termin reiste der Pianist und Bandleader zwar nicht mit seinem ganzen damaligen Orchester an, aber mit einigen seiner Starsolisten und seinem bestens eingespielten Rhythmusgespann: Ray Nance an Kornett und Violine, Johnny Hodges am Altsaxophon, Harry Carney an Baritonsax und Bassklarinette, Lawrence Brown an der Posaune, Aaron Bell am Bass und Sam Woodyard am Schlagzeug.
Leitsatz der Session war laut Kritiker Ashley Kahn gewesen, “den legendären Hawkins-Ton möglichst harmonisch mit dem unverkennbaren Ellington-Sound der sechziger Jahre zu verbinden: entspannte, weiträumige Arrangements, die großzügig Platz für Soli ließen. Die Liste der Stücke enthielt aktuelle Kompositionen (das vom Soul inspirierte ‘Ray CharlesPlace' sowie ‘Limbo Jazz’ und ‘The Rictic’ im Latin-Stil), alte Favoriten (‘Mood Indigo’), weniger bekannte Kompositionen (‘Wanderlust’, ‘You Dirty Dog’) und musikalische Porträts der Solisten Hodges und Hawkins (‘The Jeep Is Jumpin’' sowie das Stück, das den ersten Anstoß zu dem ganzen Projekt gegeben hatte, ‘Self Portrait [Of The Bean]’).” 
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