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Rebekka Bakken – I Keep My Cool

30.08.2006
“Ein Album ist ein gutes Abbild meiner Selbst im Hier und Jetzt. Wenn ich nicht in mir selbst ruhe, fühle ich mich unwohl – ich strebe dann zu diesem Pol zurück.” Mit diesem Credo hat es Rebekka Bakken in nur drei Jahren auf den Singer-Songwriter-Olymp geschafft. Mit den beiden Soloalben “The Art Of How To Fall” (2003) und “Is That You?” (2005), auf denen sie intelligent, verführerisch und subtil mit Elementen des Pop, Blues, Jazz und Folk jonglierte, um zwischen ihren Innenwelten und der Außenwelt ein vor allem elegisch schönes Klangband zu spannen. Jedes Album der norwegischen Wundersirene und Wahlwienerin ist aber nicht nur ein autobiographischer Seismograph. Jedes Album ist für sie auch immer ein neuer Anfang. So wie jetzt ihr drittes Album “I Keep My Cool”. “Mir ist klarer geworden, was ich tatsächlich machen möchte,” so Bakken. “Für mich ist dieses Album ein Schritt nach vorne. Allein durch die Arbeit mit wunderbaren Menschen. Ich bin einfach unglaublich glücklich.” Doch obwohl die Musik jetzt noch konzentrierter ist und sich damit von den ersten beiden Alben unterscheidet, ist “I Keep My Cool” wieder ganz Rebekka Bakken.
Für die elf Songs, die allesamt aus ihrer Feder stammen, hat sich Bakken zum großen Teil auf jene versierten befreundeten Musiker verlassen können, die schon auf “Is That You?” zu hören waren. Neben Gitarrist Eivind Aarset, dem dänischen Bassisten Lars Danielsson und dem Schlagzeuger Per Lindvall ist jetzt aber an Klavier und den Keyboards der bekannte norwegische Soundtrack-Komponist Kjetil Bjerkestrand hinzugekommen. Und als i-Tüpfelchen gerade in den balladesken Hymnen wie “Welcome Home”, “Any Pretty Girl” und “You’re Crying” hat Bakken sogar Streicher von den Wiener Philharmonikern gewinnen können, während die Wiener Symphoniker die Sängerin bei der Einspielung des Benefiz-Songs “Everything Can Change” unterstützten. In den Songs offenbart sich Rebekka Bakken dabei erneut als Poetin, die oftmals mit nur wenigen, kleinen und zarten Schritten große Wirkung erzielen und Geschichten erzählen kann. Und die sich – wie so oft bei ihr – um das Thema aller Themen drehen: die Liebe. Wie man die frisch aufgeblühte Liebe einfach genießen kann, stellt Bakken gleich im Eröffnungslied “We Hit It Again” klar, einer smoothen Rhythm’n'Blues-Perle. “Es ist ein Song über die Liebe – darüber wie großartig sie ist. Allein dieser erste Moment, wenn man sich verliebt und sich daraus ein aufregendes Spiel zwischen zwei Menschen entwickelt.”

Mit welcher Eindringlichkeit Bakken dann wieder gemeinsame Erinnerungen beschwören kann, stellt sie direkt im nächsten Song unter Beweis. In dem mit leicht irischen Brisen verwöhnten “Welcome Home”, das von Eivind Aarsets Gitarre magisch aufgeladen wird und bei dem Bakkens strahlende und intensive Stimme einen wirklich in Bann schlägt und um den Finger wickelt. Bakken ist nicht nur hier eine Sängerin für alle melancholischen Tonarten: Aus “Any Pretty Girl” macht sie eine intime Folk-Ballade und aus “Love May Seem Hard” eine sanfte, leicht jazzig angehauchte Nummer, die einmal mehr unterstreicht, wie Bakken ihre musikalischen Gedanken einfach aus der Feder fließen läßt. Denn eigentlich besteht Bakken darauf, daß “ich noch nie einen einzigen Takt Jazz komponiert habe. Bevor ich mein erstes Album machte, hatte ich eine Menge Sachen wie Pop und Funk gemacht.” Und da Bakken es grundsätzlich nicht mit Schubladen hat, ist sie von ihrer ganzen Bandbreite in den Songs zu erleben, die bis auf zwei Ausnahmen alle eigens für das neue Album komponiert worden sind.

Lediglich “Welcome Home” entstand schon vor rund zwei Jahren und der groovige Up-Tempo-Titel “Just Having My Fun” vor immerhin schon sechs, sieben Jahren. Daß gerade in diesem Song ein Schuß Prince steckt, will Bakken nicht verhehlen: “Ja, als ich ihn nach der Aufnahme gehört habe, ist mir durchaus eine gewisse Nähe zu Prince aufgefallen. Aber ich würde nie sagen daß er mich direkt beeinflußt hat. Meine Songs kommen aus mir selbst heraus. Ich will das auf den Punkt bringen, was ich ausdrücken möchte.” Dafür greift sie schon mal zu einem norwegischen Text, den sie für den robusten Blues-Kracher “Hard To Be A Loser” ins Englische übersetzt hat. Und bei dem Bakken in der Rolle einer Sitzengelassenen ihre stimmlichen Krallen ausfährt, während Eivind Aarset kräftig die Slide-Gitarre aufjaulen läßt.

Ein Lied liegt Rebekka Bakken aber ganz besonders am Herzen. Es ist “Everything Can Change”, das als offizieller Song für den Wiener “Life Ball 2006” entstand, diese in Europa größte Wohltätigkeitsveranstaltung, die sich für den Kampf gegen AIDS einsetzt. Bakken: “Als ich vor einem Jahr gefragt wurde, ob ich den Song schreiben möchte, war ich zunächste einmal skeptisch. Was kann man zum Thema AIDS komponieren und texten? Doch dann hörte ich im Radio Berichte von AIDS-Infizierten, die so klar und einfühlsam von ihrem Schicksal erzählten. Die aber auch erwähnten, wie sich seit ihrer Krankheit die Haltung von Freunden ihnen gegenüber verändert hatte. Und genau das thematisiert der Song: Man muß zueinanderstehen, egal ob einer eine Krankheit hat oder nicht. Man muß niemandem Ratschläge geben. Man muß den anderen genauso lieben wie sich selbst.” Herausgekommen ist eine Hymne, die unter die Haut geht – die aber eben zugleich nur eine von den unendlich vielen Facetten der Ausnahmekünstlerin Rebekka Bakken zeigt.
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