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Rebekka Bakken – Is That You?

25.02.2005
Es gibt Interpreten, bei denen man vom ersten Song an das Gefühl hat, sie zu kennen. Ob es nun an der Intimität ihrer Stimme oder den subtilen Nuancen ihres Gesangs liegt, in unserer Vorstellung nimmt gleich eine ganze Persönlichkeit Gestalt an. Eine solche Sängerin ist Rebekka Bakken. Im Jahr 2003 eroberte sie mit ihrem gefeierten Debütalbum “The Art Of How To Fall” sogleich ihren eigenen Platz in einer überfüllten Musikszene – mit intelligenten Texten und Melodien, die musikalische Grenzen überschritten.
Auf ihrem jüngsten Album “Is That You?” vertieft sie die Stimmungen und Schwingungen von “The Art Of How To Fall”, mit denen sie die Kritiker begeisterte und ihr Publikum in Verzückung versetzte. Dabei zeigt sie in den elf Stücken des neuen Albums ihre zunehmende Reife als Sängerin und ihre Fähigkeiten als Komponistin und Arrangeurin. Dennoch sagt sie bescheiden: “Um ehrlich zu sein, mache ich Musik, weil es mir gefällt. Aber ich denke nicht viel darüber nach, warum ich etwas singe oder wie. Zu beschreiben, was mir Musik bedeutet oder warum ich etwas so und nicht anders mache, ist mir absolut unmöglich. Abgesehen davon, daß ich es auch gar nicht will. Ich weiß nur, daß ich nichts weiß. Damit fühle ich mich sehr wohl. Und kann vor allem Spaß dabei haben.”
 
Den Spaß an der Musik merkt man “Is That You?” sofort und ständig an. Ihr zweites Album hat die in Wien lebende norwegische Sängerin wieder komplett selbst komponiert, getextet und produziert. Alle elf unglaublich intensiven und angenehm schönen Songs, von deren tiefgründiger und lebenskundiger Qualität man sonst mit Glück einen pro Album findet. Aufgenommen hat sie ihren Zweitling im Stockholmer Studio Atlantis, in dem schon ABBA ihre “Dancing Queen” zu Band brachten. Live und größtenteils ohne nachträgliche Overdubs, unterstützt und aufgefangen von einer, bis auf den norwegischen Gitarristen und Elektronikexperten Eivind Aarset, nagelneuen Band, bestehend aus Keyboarder Peter Scherer, Bassist Lars Danielsson und Drummer Per Lindvall. Auf jeweils einem Stück gesellen sich außerdem noch Rebekkas Landsmänner Nils Petter Molvær (Trompete) und Bendik Hofseth (Saxophon) als Gäste dazu.

Doch obwohl sie sich im skandinavisch besetzten Studio sichtlich wohl fühlt, ist ihr Sound hörbar universeller geworden. Auch auf diesem Album entwickelt Rebekka Bakken ihre eindrucksvolle und individuelle Stimme weiter. Nicht nur als Interpretin, sondern vor allem eben auch als Songwriterin und Produzentin. Sie singt mutiger und gleichzeitig verletzlicher denn je, erweitert ihren Klangkosmos um herrliche Harmonien, emphatische Hooks und einen rhythmischen Reichtum, der von Folk über Blues bis Pop reicht. Das klingt sagenhaft sinnlich und sphärenhaft und erinnert manchmal in seinen starken Melodien und poetischen Texten an ihre Vorbilder Bob Dylan, Johnny Cash und Prince. Trotzdem bleibt alles an ihrer Musik bemerkenswert eigen. Rebekka Bakken singt den Titelsong “Is That You?” so sanft und abgeklärt, als wäre sie selbst das “nicht anwesende, aber gespürte Wesen”, um das es darin geht. Sie ist es wohl auch, die sich in der treibenden Traurigkeit von “As I Lay Myself Bare” offenbart.
 
Und die erlösende Erkenntnis von “As Long As There Is A Voyage Away” (nämlich: “there’s always a journey back”) scheint sie dem Zuhörer genau so dringlich nahezulegen wie sich selbst. Sie kommuniziert und konferiert, zeigt sich dabei von immer wieder neuen, anderen, interessanten Seiten. Den Ohrwurm “Going Home (Is A Lonely Travel)” singt sie so grundglücklich, wie das bluesige “Why Do All The Good Guys Get The Dragons?” schadenfroh, das schwelende “Didn’t I?” resigniert und die schwebende Ballade “Just A Little Moon” schmerzlich melancholisch. Man spürt in ihren instinktiven Interpretationen eine absolute Verinnerlichung der Themen. Weil sie schreibt, was sie fühlt, ohne es zu zensieren oder zu hinterfragen, kann sie es auch nur so offen, ehrlich und wundervoll singen. “Ich hörte sie sagen, ich hätte meine Unschuld verloren; wenn sie nur wüßten, was ich stattdessen gefunden habe”, heißt es in “Innocence”. Und später, im selben Stück: “Ich lebe das Leben, ohne mir Gedanken darüber zu machen, wer recht hat.”

“Hauptsache, die Leute fühlen etwas, wenn sie meine Musik hören”, betont Rebekka Bakken. “Hauptsache, sie lassen sich auf das, was sie hören, ein. Dann ist es für mich fast ein Gefühl, als würde ich bei einem Konzert zum Publikum nach Hause kommen. Dann kann ich mich völlig gehen lassen, ich selbst sein. Weil sie mich nicht nur als Künstlerin, sondern als Menschen verstehen.” Und das vielleicht auch, weil sich die Zuhörer selbst in der hoffnungsfrohen Melancholie, den subtilen Stimmungsschwankungen und extremen Gefühlswelten Rebekka Bakkens wiederfinden. Es herrscht ein gegenseitiges Verständnis zwischen Rebekka Bakken und ihrem Publikum. Von März bis Mai kann man die Norwegerin wieder auf deutschen Bühnen erleben. Und natürlich ab sofort auf ihrem neuen Album “Is That You?”.
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