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Nils Petter Molvær – ER

26.10.2005
Es gibt nur wenige Musiker, die es verstehen, so vorurteilsfrei und souverän mit den unterschiedlichsten musikalischen Stilelementen zu experimentieren, wie es der norwegische Trompeter, Komponist und Produzent Nils Petter Molvær tut. In seiner Musik läßt Molvær in einzigartiger Weise die Grenzen zwischen Jazz, Ambient, House, elektronischer Musik, Dub, Break Beats, HipHop, Rock und Pop verschwimmen, um Soundscapes von unglaublicher Intensität und Tiefe entstehen zu lassen. Und auf seinem neuen Studioalbum “ER” – dem ersten seit über drei Jahren – ist ihm dies nun nachhaltiger denn je zuvor gelungen.
Der 1960 auf der kleinen norwegischen Insel Sula geborene Nils Petter Molvær (kurz: NPM) wurde von seinem Vater, der selber Musiker ist, schon früh an den Jazz herangeführt. Erste Spielerfahrung sammelte er in Schülerbands und bei Auftritten in lokalen Clubs. 1979 verließ er Sula, um am Konservatorium in Trondheim, der prominentesten Brutstätte des norwegischen Jazznachwuchses, Musik zu studieren. Schon dort soll er seinen ganz persönlichen Stil entwickelt haben, der ihm bald den Ruf einbrachte, eines der hoffnungsvollsten jungen Talente der norwegischen Jazzszene zu sein.
 
Allerdings galt NPMs Interesse bereits damals nicht ausschließlich dem akustischen Jazz, sondern auch der zeitgenössischen Rock-, Pop- und Funkmusik. Zu den Künstlern, die ihn am meisten beeinflußt haben, gehören Miles Davis, Don Cherry, Billie Holiday, Brian Eno, Joni Mitchell und Bill Laswell. Seiner stilistischen Flexibilität und seinem musikalischen Einfühlungsvermögen hatte NPM es zu verdanken, daß er nach Beendigung seines Studiums in der Osloer Musikszene schnell zu einem der meistgefragten Sessionmusiker aufstieg. Dann holte ihn der Bassist Arild Andersen in seine Band Masqualero, die zwischen 1985 und 1990 drei Alben für das Münchner Label ECM aufnahm. Als Begleiter von Sidsel Endresen, Jon Balke, Robyn Schulkowsky und Marilyn Mazur machte NPM in den folgenden Jahren weitere Einspielungen für ECM, die seine Vielseitigkeit unterstrichen. Nicht uninteressant ist, daß Mazurs 1994 entstandenes Album “Small Labyrinths” neben NPM auch zwei weitere kommende Größen des norwegischen sogenannten NuJazz featurete: den Gitarristen Eivind Aarset und den Schlagzeuger Audun Kleive.
 
Als NPM dann 1997 bei ECM endlich sein Debütalbum “Khmer” veröffentlichte, sorgte dieses schon deshalb für erhebliche Furore, weil die Musik so gar nicht in das durch viele andere ECM-Aufnahmen geprägte Bild vom zeitgenössischen norwegischen Jazz paßte. Mit einer bis dahin noch nie gehörten Kombination aus freien Improvisationen und antreibenden, hypnotischen Beats betrat NPM allerdings nicht nur bei ECM musikalisches Neuland. NPM war auch der erste (und bis dato einzige) Künstler, von dem das ECM-Label Remixe (von The Herbaliser, Mental Overdrive und Rockers Hi-Fi) veröffentlichte. Für “Khmer” erhielt Molvær gleich den begehrten Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik, und mit einem der Remixe etablierte er sich überraschend sogar an der Spitze der Deutschen Club Charts.
 
Mit “Solid Ether” konsolidierte NPM im Jahre 2000 den Erfolg seines Debütalbums. Seine Experimentierfreudigkeit und Progressivität bewies der Trompeter auch mit dem reinen Remix-Album “Recoloured”, auf dem er 2001 die besten Remixe (u.a. von Funkstörung, Bill Laswell, Joakim Lone und Jason Swinscoe/Cinematic Orchestra) einiger Songs der beiden ersten Soloalben versammelte. Im Juli 2002 erschien dann sein vorerst letztes Studioalbum “NP3”, auf dem der Trompeter zum Teil wesentlich härtere Töne und Beats anschlug als auf den Vorgängeralben.
 
Um sein musikalisches Konzept in Ruhe überarbeiten und sich ein paar anderen Projekten widmen zu können, gönnte sich Nils Petter Molvær danach eine “Auszeit”, in der von ihm nur Live-Mitschnitte (dokumentiert auf der DVD “Molvær Live” und der CD “Streamer”) und unter dem Titel “Remakes” (diesmal mit Bearbeitungen von u.a. Bugge Wesseltoft, Matthew Herbert, Clive-Lowe/Dego, Bill Laswell und Martin Koller) ein zweites Remix-Album erschienen.