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Louis Sclavis – Lost On The Way

Louis Scalvis © Hyou Vielz / ECM
Louis Scalvis © Hyou Vielz / ECM
06.05.2009
“Lost On The Way” markiert eine neue Etappe auf Louis Sclavis' bewegter Reise durch musikalische Grenzgebiete. Der aus Lyon stammende Klarinettist, Saxophonist und Komponist, der allgemein als einer der wichtigsten Pioniere des “europäischen Jazz” gilt, hat auf überwiegend intuitive und undogmatische Art ein breites Spektrum an Musik und anderer Kunstformen erforscht. In seinen Arbeiten hat er sich keineswegs nur mit dem Jazz auseinandergesetzt: so zollte er auf seinen Alben neben Duke Ellington auch schon dem Barockkomponisten Jean-Philippe Rameau, dem Filmemacher Charles Vanel und dem Maler/Collagekünstler Ernest Pignon-Ernest Tribut. Mal führte ihn sein Forschungsgeist in den Orbit der freien Improvisierer, dann wieder mit Volksmusikern oder Interpreten zeitgenössischer Kompositionen zusammen. Als Instrumentalist, der eine ganz eigene, unverkennbare Stimme gefunden hat, hebt sich Sclavis heute von vielen seiner Kollegen ab. Er macht internationale Musik aus der Perspektive eines Europäers und verändert dabei kontinuierlich seinen Ensembleklang. Sich selbst ständig neuzuerfinden ist ein Schwerpunkt seiner künstlerischen Tätigkeit. Und mit jeder neuen Veröffentlichung verleiht er der Landkarte seiner Musik neue Konturen.
Die Titel der Stücke von “Lost On The Way” sind eine klare Referenz an das Werk des antiken griechischen Dichters Homer. Sclavis vergleicht seine eigene musikalische Reise mit der bekannten Odyssee: “Dieses neue Projekt entstand aus dem Wunsch, die Arbeit fortzusetzen, die ich mit dem letzten Quintett auf ‘L’Imparfait Des Langues' [aufgenommen 2005] angefangen hatte”, erläutert Sclavis. “Ich wollte neue Stücke erfinden, die wir spielen und in denen wir uns verlieren konnten. Stücke, in denen wir per Zufall einige Fragmente von Erinnerungen wiederfinden und aus diesen neue Ideen gewinnen können. Ich wollte auf dieser Reise wie Odysseus neue Ängste und neue Vergnügen entdecken. Ich wollte ins Ungewisse reisen, ohne Plan, und diese Reise in Musik umsetzen, mich selbst von Skylla zu Charybdis pusten lassen und dabei die Sturmwinde und tosenden Wassergewalten meistern, um eine alte Geschichte wieder neu heraufzubeschwören.” Auf “L’Imparfait Des Langues” wurde Sclavis durch die Energie eines neuen Teams junger Musiker stimuliert, die Elemente von Noise-Rock, Funk, Electronica und freier Ambient-Musik in den Gruppensound einbrachten. Von diesen Musikern waren bei der Einspielung von “Lost On The Way” nun nur noch der Gitarrist Maxime Delpierre und der langjährige Sclavis-Schlagzeuger François Merville dabei.
Maxime Delpierre kam 1975 in Nantes zur Welt und wurde durch Rock- und Popaufnahmen von Bands wie The Ventures, Pink Floyd und Jimi Hendrix Experience zum Gitarrespielen animiert. Nach einem kurzen Seitensprung zum klassischen Piano studierte er Jazzgitarre und vertiefte sich in die Musik von Charlie Parker, Miles Davis und Ornette Coleman. Seit 1993 lebt er in Paris, wo er sich zunächst mit dem Interpretieren von Bebopnummern und Jazzstandards profilierte. Ende der 90er Jahre lernte er u.a. Médéric Collignon, Sunny Murray und Mark Turner kennen und spielte mit ihnen zusammen. Momentan leitet er zwei eigene Bands: das Trio Mutatis Mutandis und das Trio Limousine.
François Merville studierte klassische Perkussion sowie Klavier und arbeitete mit dem Ensemble Intercontemporain unter der Leitung von Pierre Boulez. 1993 verschrieb er sich ganz und gar dem Jazz und spielte seitdem unter anderem in diversen Ensembles von Louis Sclavis, aber auch mit Ray Anderson, Michel Portal, Martial Solal, Dave Douglas, Django Bates und Vincent Courtois. Merville hat auch ein eigenes Quartett.
Saxophonist Matthieu Metzger spielte unter anderem schon mit Marc Ducret, Dominique Pifarély, Claude Barthélémy sowie Barre Phillips und arbeitete außerdem in unterschiedlichen Kontexten mit Sinfonieorchestern, Bigband, Kammerensembles, Jazz- und Rockbands. Metzger ist zur Zeit Mitglied des französischen Orchestre National de Jazz, dem auch der Baßgitarrist Olivier Lété schon angehörte.
Olivier Lété ist ein ebenso extrovertierter wie extravaganter Musiker, der mit Sclavis und Merville auch im Trio spielt. Musikalisch sehr abwechslungsreiche Erfahrungen sammelte der Bassist auch im Zusammenspiel mit Dominique Pifarély, Julien Padovani Trio, dem Electric Pop Art Ensemble und vielen experimentellen Bands aus den Bereichen Rock bis HipHop (u.a. Collectif Slang, 500mg, Le Maigre Feu de la Nonne en Hiver, Wat, Couvé sous la Cendre, Le Mur, D999, La Fanfare E, No Jet Lag).

Louis Sclavis ist seit 1991 ECM-Künstler und veröffentlichte bei dem Münchner Label bislang die Alben “Rouge” (ECM 1485 ÷ 1991), “Acoustic Quartet” (ECM 1526 /1993), “Les Violences De Rameau” (ECM 1588 ÷ 1995/96), “L’Affrontement Des Prétendants” (ECM 1705 ÷ 1999), “Dans La Nuit” (ECM 1805 ÷ 2000), “Napoli’s Walls” (ECM 1857 ÷ 2002) und  “L’Imparfait Des Langues” (ECM 1954/ 2005).