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Keith Jarrett in Berlin

Keith Jarrett @ Carnegie Hall © ECM
Keith Jarrett @ Carnegie Hall © ECM© ECM
14.10.2009
Lange hat er gewartet, bis er wieder in Berlin Station gemacht hat. Aber dann hat der Klaviergott Keith Jarrett sein Publikum mit seiner charakteristischen Mischung aus Genie und Anspannung in den Bann gezogen. Eine kleine Presseschau unterstreicht diesen Eindruck. So schreibt Gregor Dotzauer im Tagesspiegel: “In der Berliner Philharmonie beginnt die creatio ex nihilo mit sanftem Wellenschlag in mittleren Lagen, sich modulationsreich herauswindenden Unterströmungen. Dann kräuselt sich die Oberfläche, Strudel zerreißen das Glitzern, die Reste eines zerrupften Fugatos werden hochgespült, schließlich beruhigen dunkle, aus den Bassregionen ans Licht kriechende Choräle das Gewoge. Die erste Viertelstunde ist Jarrett auf der Höhe seiner Kunst: mit einem dramatisch changierenden Klanggemälde, einer Skulptur, die sich aus den Tasten erhebt und in alle Richtungen reckt und streckt und dehnt.”

Für Wolfgang Sandner, der den Abend für die Frankfurter Allgemeine Zeitung begutachtete, ist das ganze Konzert ein Gesamtkunstwerk, vor allem aber die zweite Hälfte nach der Pause, wo der Zuhörer weit in Jarretts Gestaltungswelt eintaucht: “Aus der Tiefe des Klaviers, aus einem ostentativ wiederholten Grundton, erweitert zu einem Mollakord und schließlich zu einem immer wieder variierten Riff, entstand ein Traumgespinst von einer Komposition mit vorüberhuschenden Arpeggios, stilisierten Habanera-Rhythmen, impressionistischen Farbmustern und dunkelsten Klangwolken, die sich immer wieder neu formierten und als Tropenunwetter auf den schwarz-weißen Tasten entluden. In solchen Momenten zeigt sich, was für ein phänomenaler Künstler Keith Jarrett ist, wie unerschöpflich sein Reichtum an musikalischen Gedanken ist, seine Assoziationsfähigkeit und sein Reaktionsvermögen im blitzschnell improvisierten Ausarbeiten, Verknüpfen und Neuformulieren von Motiven. Gerade aus den winzigsten Samenkörnern eines einzigen Tons, eines Intervalls oder einer rhythmischen Figur entstehen bisweilen gotische Kathedralen des Klangs.”

Alles in allem fasst schließlich Ulf Drechsel für rbb Kulturradio Jarretts musikalisches Vorgehen bildhaft am komprimiertesten zusammen: “Großartig, wie er seine Stücke entwickelt und strukturiert. Er türmt die Töne förmlich aufeinander. Die Musik wirkt, als würden wenige, einzelne Wassertropfen wie Perlen zu Boden fallen, aus den Tropfen wird ein Bächlein, aus dem Bach ein Fluss. Der Fluss wird zum reißenden Strom, zum herabstürzenden Wasserfall. Und in einem 100 Meter tiefer liegenden See, in den sich der Wasserfall ergießt, kommen die zu Tönen gewordenen Wassermengen wieder zur Ruhe.”

Mehr Informationen über Keith Jarrett finden Sie auf seiner Künstlerseite bei JazzEcho.
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