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Jane Monheit – The Lovers, The Dreamers And Me

19.11.2008
Zwischen der träumerischen Unschuld von “Never Never Land” und dem lebensmüden Wahn von “Something Cool” liegen Welten. Doch Jane Monheit, die heute als eine der international führenden Jazzsängerinnen gilt, schaffte es, die Distanz zwischen diesen beiden Welten in nur acht Jahren zu überbrücken. Im Jahr 2000 wählte Monheit das süße, wirklichkeitsfremde Peter-Pan-Schlaflied als Titelstück für ihr Debütalbum. Nun ergründet sie auf “The Lovers, The Dreamers And Me”, ihrem zweiten Album für Concord (nach dem 2006 erschienenen ersten Album “Surrender”), den gingetränkten Eskapismus des herzzerreißenden Liedes, das 1953 durch June Christy berühmt wurde.
“The Lovers, The Dreamers And Me” ist – daran kann kein Zweifel bestehen – das stilistisch am breitesten gefächerte und vollendetste Album, das Jane Monheit seit ihrem Debüt vor acht Jahren vorgelegt hat. Und “Something Cool” ist auf diesem Album nur eines von mehreren Stücken, die darauf schließen lassen, daß die Chanteuse mit der honigschweren Stimme ein künstlerisches Stadium von höherer Weisheit und Reife erreicht hat. So wagt sie sich auch in die dunklen Ecken und Winkel der von Tommy Wolf und Fran Landesman geschriebenen wehmütigen “Ballad Of The Sad Young Men”, bietet eine unübertreffliche Interpretation von Paul Simons bittersüßem “I Do It For Your Love” und zudem Stücke von zeitgenössischen Songschreiberinnen wie Corinne Bailey Rae (“Like A Star”) und Fiona Apple (“Slow Like Honey”). “Als ich das College besuchte, war ich von Fiona Apples erster Platte geradezu besessen”, gesteht Jane Monheit. “Der Song, den ich hier singe, stammt von diesem Album. Ich fand es interessant, dieses Lied und auch ‘Like A Star’ aufzunehmen, weil beide Stücke von Künstlerinnen geschrieben wurden, die fast genau so alt sind wie ich. Und ich liebe diese beiden Songs wirklich. Ich nehme immer Stücke aus dem Great American Songbook auf, die von längst verstorbenen männlichen Komponisten stammen. Ich werde diese Standards sicher immer in meinem Herzen tragen, aber es ist einfach großartig auch einmal etwas vollkommen anderes zu machen.”

Das von Matt Pierson produzierte Album enthält natürlich auch eine Auswahl von exzellenten Jazz- und Popklassikern: von Cole Porters “Get Out Of Town” über Jimmy Dorseys “I’m Glad There Is You” bis zu Leonard Bernsteins “Lucky To Be Me”. Darüber hinaus frönte Monheit auch wieder ihrer Vorliebe für brasilianische Song-Juwelen, indem sie Ivan Lins' “Acaso” (englischer Titel: “No Tomorrow”) und den überschäumenden Samba “A primeira vez” in ihr Repertoire aufnahm.

Die beeindruckende Reife des Albums hängt, das gibt Monheit unumwunden zu, auch mit zwei Ereignissen der letzten Monate zusammen: am 3. November 2007 feierte die Sängerin ihren 30. Geburtstag und am 9. Mai 2008 brachte sie ersten Sohn Jack Newton Montalbano zur Welt. “Weil ich nun ein bißchen älter war, wollte ich auf diesem Album einmal etwas anderes machen”, erläutert sie. “In der Vergangenheit wählte ich immer Stücke aus, die mir ehrlich vorkamen und von denen ich meinte, daß man sie einer Frau meines Alters auch abkaufen würde. Aber für dieses Album wollte ich aus meiner eigenen Haut raus- und in ein paar andere Rollen hineinschlüpfen und einige Texte singen, die sich nicht unbedingt mit meiner persönlichen Lebenserfahrung decken, aber für die ich nun reif genug bin, um sie zu verstehen.”

Der Titel der CD ist eine Zeile aus dem wirklich niedlichen, optimistischen Muppet-Show-Song “Rainbow Connection”, mit dem das Album endet. “Ich hatte diesmal ein ziemliches Problem, einen Titel für das Album zu finden”, sagt Monheit. “Also bat ich einen Freund um Rat, und der meinte nach kurzer Überlegung: Nenn es doch ‘The Lovers, The Dreamers And Me’. Ich dachte nur: Oh Himmel, das ist der treffendste Titel, den ich je gehört habe. Schließlich verkörpere ich auf dieser Platte diese verschiedenen Charaktere und singe Lieder aus diesen unterschiedlichen Perspektiven. Nicht jeder Song handelt von mir. Die Charaktere der Stücke sind die Liebenden, die Träumer und ich. Manche dieser Stücke reflektieren vollkommen meine eigene Sichtweise, aber andere Songs wie ‘Something Cool’ und ‘I Do It For Your Love’ handeln von Dingen, die ich am eigene Leib nie erfahren habe.”

Die Aufnahmesessions für “The Lovers, The Dreamers And Me” gingen in zwei Teilen über die Bühne. Vier der Stücke – “I’m Glad There Is You”, “Get Out Of Town”, “No Tomorrow” und “Lucky To Be Me” – entstanden noch in der Zeit von Monheits Schwangerschaft. Diese Songs nahm sie – in unterschiedlichen Konstellationen – mit den Mitgliedern ihrer regulären Band (Pianist Michael Kanan, Bassist Neil Miner und Schlagzeuger/Ehemann Rick Montalbano) sowie den Gästen Seamus Blake (Saxophon) und Frank Vignola (Gitarre) auf. “Es war ein wirklich schönes Gefühl, mit meinem Sohn im Bauch im Studio zu sein und so wundervolle Lieder wie ‘I’m Glad There Is You’ und ‘Lucky To Be Me’ zu singen. Das ging mir vollkommen unter die Haut. Das Großartige an ‘I’m Glad There Is You’ ist, daß es in dem Text ein Stelle gibt, die davon handelt, ein neues Lebenskapitel mit einer Person, die man liebt, zu beginnen. Und das ist exakt, was Rick und ich momentan erleben.” Bei “Lucky To Be Me” ließ sich Monheit nur von Pianist Michael Kanan begleiten, weil “Michael und ich diesen Song schon seit Jahren zusammen spielen. Wir haben ihn sogar schon einmal aufgenommen, für ein Duo-Album, das wir für unsere Freunde und Familien als Weihnachtsgeschenk machten. Es ist nie auf den Markt gebracht worden. Wir buchten vor rund drei Jahren einfach mal ein Studio in New York und brannten CDs von diesen Aufnahmen, um sie zu verschenken. Das war damals mein Lieblingsstück auf dieser CD, und es ist ganz sicher auch mein Favorit auf diesem Album. Meine Interpretation kommt wirklich von Herzen. Ich glaube, wir haben auch gleich den ersten Take für das Album genommen. Michael und ich sind wirklich auf ganz besondere Weise mit einander verbunden. Bei der Aufnahme im Studio konnten wir uns nicht sehen, waren aber auf psychische Art total mit einander verbunden. Er ist so wunderbar! Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie meine musikalische Welt aussähe, wenn er nicht Teil von ihr wäre.”

Das Lied “Rainbow Connection” nahm Jane Monheit natürlich speziell für ihren kleinen Sohn Jack auf. “Wenn ich ihm das Lied vorsinge, beginnt er zu strahlen”, erzählt die junge Mutter. “Ich wollte das Lied unbedingt aufnehmen, weil es einfach schön ist, dies zu dokumentieren. So kann ich ihm die Aufnahme später vorspielen und sagen: ‘Das habe ich für dich aufgenommen, als du drei Monate alt warst; das war damals dein Lieblingslied.’ Mit Gil Goldstein am Akkordeon klingt das Stück richtig cool. Gil arrangierte es auch ganz fantastisch. Mir gefiel, daß die Modulation nach unten statt nach oben führt. Das ist ein interessantes Arrangement, weil das Stück auf diese Weise statt größer und strahlender sehr viel intimer und persönlicher wurde.”

aDer zweite Teil der Aufnahmesessions fand dann nach der Geburt von Sohn Jack statt. Diesmal ging die Sängerin mit Pianist Goldstein, Gitarrist Romero Lubambo (der bei “A primeira vez” Monheits einziger Begleiter ist), Bassist Scott Colley, Schlagzeuger Antonio Sánchez und Perkussionist Bashiri Johnson ins Studio. Goldstein zeichnete für mehr als die Hälfte der Arrangements verantwortlich, während Lubambo das Arrangieren der beiden brasilianischen Stücke übernahm und Kanan “Get Out Of Town”, “I’m Glad There Is You” und “Lucky To Be Me” arrangierte.

Eines seiner brillanten Arrangements lieferte Goldstein zum Beispiel zu Bonnie Raitts “I Ain’t Gonna Let You Break My Heart”. Der Song ist, so Monheit, “ein Stück, das ich immer schon mal aufnehmen wollte. Bonnie Raitt hat mich schon als Kind immens beeinflußt. Ich wartete eigentlich nur auf die richtige Gelegenheit diese Nummer, die ich seit Jahren im Hinterkopf mit mir herumtrug, endlich aufzunehmen. Und nun schien sie perfekt zu den restlichen Stücken dieses Albums zu passen.”

Nicht weniger beeindruckend ist Goldsteins Bearbeitung von Paul Simons “I Do It For Your Love”. “Gil und ich kamen überein, daß in diesem Lied ein Menge passieren mußte”, erinnert sich Monheit. “Wir wollten ein fast schon tumultöses, chaotisches musikalisches Umfeld mit jeder Menge Dramatik schaffen, über das ich dann in sehr simpler Weise singen konnte. Und genau so ist es auch geworden. Man fühlt die enorme narrative Spannung, während die Person, die die Geschichte erzählt, bemüht ist, ihre Gefühle zurückzuhalten.”

Während Kanans Arrangements von “I’m Glad There Is You” und “Lucky To Be Me” von sanfter Melancholie geprägt sind, geriet seine Überarbeitung von “Get Out Of Town” leidenschaftlich sexy und kraftvoll. “Es ist lustig”, merkt Monheit an. “Ich hatte dieses Stück mit genau diesem Arrangement schon für mein drittes Album aufgenommen, nahm es damals aber nicht auf die Platte, weil mir nicht gefiel, wie es herüberkam. Michael hatte das Arrangement auch gar nicht für mich geschrieben. Es war ein reines Instrumentalarrangement, das er angefertigt hatte, bevor er zu meiner Band stieß. Ich mochte es aber schon immer und wir führen es schon seit Ewigkeiten auch bei Konzerten auf.” Angesprochen auf die intensive Sexiness dieser Version, bricht Jane Monheit in schallendes Gelächter aus: “Tja, es ist ja bekannt, daß ich gerade Mutter geworden bin. Also weiß auch jeder, daß ich nicht mehr ganz so jungfräulich bin! Und ich stecke in die Interpretation auch eine ganze Menge weiblicher Power. Mir gefällt es, so zu singen – nicht übertrieben anzüglich, aber auch nicht allzu scheu. Es geht einfach um die Feststellung: 'Ja, ich bin eine reife Frau, und das ist, was ich dir sagen will, und das mag sexy sein, aber es ist auch die Wahrheit.”

Monheit ist nicht nur ein ausgesprochener Ivan-Lins-Fan (“Ich kenne so ziemlich jeden Song, den er geschrieben hat”, behauptet sie), sondern auch eine glühende Verehrerin von Peter Eldridge (bekannt durch die New York Voices und Moss). Eldridge war ihr erster und einziger Gesangslehrer und schrieb das Titelstück ihres letzten Albums “Surrender”. Nun hatte Monheit das Glück, ihre beiden Idole auf einen Streich zu ehren. “Ich mocht schon immer Ivans ‘Acaso’ (so der Originaltitel des hier als ‘No Tomorrow’ auftauchenden Stücks)”, erklärt Jane Monheit. “Peter tritt in New York sehr oft solo auf, und ich schau ihn mir an, wann immer ich kann. Und an einem Abend trug er eben ‘Acaso’ mit dem von ihm verfaßten englischen Text vor. Und mir schoß nur durch den Kopf: ‘Nein! Das gibt’s doch nicht!’ Ich konnte einfach nicht fassen, wie wunderbar seine Version war. Ich war völlig aus dem Häuschen: da hatte ich nun Ivans Song und dazu Peters englischen Text. Das sind zwei Typen, die ich absolut verehre und die einen Rieseneinfluß auf mich ausgeübt haben… und nun hatte der eine einen Song des anderen überarbeitet. Etwas Besseres hätte mir nicht passieren können.”

Das Album “The Lovers, The Dreamers And Me” widmete Jane Monheit aber zwei anderen wichtigen Personen: ihrem frischgeborenen Sohn Jack und dem kurz zuvor (am 17. Dezember 2007) verstorbenen Joel Dorn, der die ersten drei Alben der Sängerin produziert hatte. “Auf dieser Platte gibt es soviele Dinge, die Joel gemocht hätte”, sinniert sie. “Und die ‘Ballad Of The Sad Young Men’ habe ich eigens für ihn eingesungen, weil die Version von Roberta Flack [die große Sängerin nahm das Stück 1969 für das von Dorn produzierte Album ‘First Take’ auf] eine seiner Lieblingsaufnahmen war. Von ihm lernte ich so viel darüber, wie man Platten aufnimmt. Wir waren wirklich ganz, ganz enge Freunde. Ich sah ihn noch einmal kurz bevor er starb, und bei der Gelegenheit unterhielten wir uns über ein neues Projekt, das wir gemeinsam machten wollten. Ich erfuhr von seinem Tod, als ich gerade vor dem Krankenhaus ankam, in dem ich eine Ultraschalluntersuchung machen lassen und erstmals den Herzschlag meines Babys hören wollte. Es war ein geradezu surreales Erlebnis. Insofern schien es mir nur recht, das Album beiden zu widmen.”