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Am Wendepunkt

“Push” markiert für den Pianisten Jacky Terrasson einen wichtigen Wendepunkt in seiner Karriere
Jacky Terrasson Push © Devin DeHaven
Jacky Terrasson Push © Devin DeHavenDevin DeHaven
19.05.2010
Keine Frage: Jacky Terrasson hat Chuzpe. Die braucht man zweifellos auch, um auf die zunächst völlig absurd anmutende Idee zu kommen, Michael Jacksons “Beat It” mit dem 30er-Jahre-Jazzstandard “Body And Soul” zu einem neuen Song zusammenzuschmieden. Doch für Überraschungen solchen Kalibers ist der Pianist, der 1966 als Sohn einer Amerikanerin und eines Franzosen in Berlin zur Welt kam, immer schon gut gewesen. Seit er 1993 den Thelonious-Monk-Pianistenwettbewerb gewann, zählt er zu den ganz großen unter den jungen Jazzpianisten. Nach zehn glänzenden Alben für das Traditionslabel Blue Note wagt er nun bei Concord Records mit dem Album “Push” einen atemberaubenden Neuanfang.
Und der Name des Albums ist zugleich Programm. “‘Push’ steht dafür, etwas voranzutreiben, in neue Richtungen zu pushen”, meint der Pianist. “Und genau darum geht es auf diesem Album. Ich bin definitiv an einen Wendepunkt gelangt. Ich bin jetzt bei einem neuen Label, und deshalb war es für mich wichtig, die Sachen einmal anders anzugehen. Ich wollte ein anderes Klangbild, und ich wollte mich musikalisch mit dem auseinandersetzen, was mich in den letzten Jahren so persönlich beschäftigt hat.” Terrasson sondiert hier nicht nur neue Klänge, Grooves, Beats und Vibes, sondern präsentiert sich in zwei Nummern auch erstmals als Vokalist. “Ich weiß, dass ich kein Sänger bin”, gesteht er lachend. “Aber ich habe diese Stimme seit Jahren in meinem Kopf gehört und dachte jetzt: warum eigentlich nicht? Ich musste mir nur selbst einen kleinen Anstoss geben.” 

Seine verspielte Experimentierlust zeigt Terrasson nicht nur in der kunstvollen (und erstaunlich schlüssigen) Montage von “Body And Soul” und “Beat It”. Der von ihm selbst komponierte Opener “Gaux Girl” weckt Erinnerungen an Keith Jarretts hochmelodiöses Meisterwerk “My Song”, hat aber zugleich auch etwas von den smart groovenden Songs Vince Guaraldis.  Während er in dem unglaublich temporeichen “Beat Bop” Bebop- und Fusionelemente miteinander vermischt, versprüht er in “Say Yeah” und “O Café, O Soleil” karibischen Charme. Für seine Verhältnisse geradezu konventionell (aber nichtsdestoweniger brillant) gerieten dagegen Terrassons Interpretationen von Thelonious Monks “‘Round Midnight” und Cole Porters “You’d Be So Nice To Come Home To”. Sein neues Trio mit Bassist Ben Williams und Drummer Jamire Williams verstärkte Terrasson bei einigen Nummern durch die Gäste Jacques Schwarz-Bart (Tenorsax), Gregoire Maret (Mundharmonika), Matthew Stevens (Gitarre) und Cyro Baptista (Percussion).