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Herbie vor Amy – Album des Jahres!

13.02.2008
Die meisten Grammys erhielt unangefochten Amy Winehouse. Immerhin fünf Preise konnte die britische Sängerin am Ende der Zeremonie in Los Angeles mit nach Hause nehmen, unter anderem den “Record Of The Year” , die “Best Femal Pop Vocal Performance” und den “Song Of The Year” für  “Rehab” aus dem Album “Back To Black”. Damit wurde die Aufsteigerin des Jahres 2007/8 offiziell in den Pop-Olymp der großen Namen und berühmten Szene-Persönlichkeiten aufgenommen. Ein Grammy allerdings, der begehrteste von allen, blieb ihr verwehrt. Denn das “Album Of The Year” stammt in diesem Winter von einem Künstler, der längst zu den größten und bedeutendsten Musikern und Produzenten seines Fachs gehört. Der Preis wurde dem Jazz-Pianisten, Komponisten und Klangrevolutionär Herbie Hancock für dessen Meisterwerk zu Ehren seiner Kollegin Joni Mitchell “River – The Joni Letters” überreicht. Und damit erreichte diese Ehrung das erste Mal seit 1964 wieder einen Jazzmusiker.
Da fällt es kaum noch weiter auf, dass das Album darüber hinaus zum “Best Contemporary Jazz Album” gewählt wurde. Denn es ist schon ein außergewöhnliches Ereignis an sich, dass eine Aufnahme aus einer Sparte, die von den Feuilletons gerne als Randerscheinung des kulturellen Geschehens verstanden wird, mühelos an Pop-Kollegen von den Foo Fighters bis zu Amy Winehouse vorbei zieht und das Augenmerk darauf lenkt, dass es auch noch etwas anderes gibt als die Einigkeit der Hitparaden. Und im gleichen Augenblick sich mühelos die Mechanismen des Geschäfts zueigen macht und sowohl in den Charts des Download-Portals iTunes in die Top Ten springt, als auch bei der Konkurrenz Amazon die CD-Verkäufe anführt. Daraus bereits eine Trendwende im Publikumsgeschmack abzulesen mag zwar etwas früh sein. Fest steht jedoch: Herbie Hancock weist den Weg, den eine Popmusik mit Anspruch einschlagen kann, in Richtung Vielfalt und Offenheit, Persönlichkeit und Spielwitz.



Für den 67-jährigen Tasten-Guru aus Chicago ist es außerdem nicht der erste Grammy seiner Laufbahn. Mit den beiden Preisen der 50.Grammy-Verleihung am Sonntag-Abend hat er nun das Dutzend voll. Überhaupt gehört Hancock seit Anbeginn seiner Karriere, als er 1963 von Miles Davis als pfiffiger Newcomer mit bereits dem ersten Hit “Watermelon Man” im Gepäck in dessen Quintett engagiert wurde, zu den Querdenkern des Genres mit Richtungskompetenz. Er etablierte Funk-Phrasierungen im Jazz, arbeitete wegweisend an der modalen Harmonik, suchte den Schulterschluss mit dem Soul, schuf das legendäre Fusion-Projekt “Head Hunters” und lancierte mit “Rockit” sogar den erfolgreichsten Instrumental-Song der achtziger Jahre. Hancock ist ein Künstler, der noch immer Mauern einreißen kann, ein Meister der musikalischen Neugier, der die Konventionen hinter sich lässt. Joni Mitchell, die selbst schon legendäre Sängerin und Songwriterin, der das Widmung-Album zugedacht ist, meinte daher auch im Anschluss an die Grammy-Verleihung: “Das ist ein neuer Tag, der beweist, dass das Unmögliche möglich ist”.
 
So gibt es reichlich Grund zum Feiern, wegen Hancocks Höhenflug, aber auch wegen der Preise der übrigen Jazz- und Crossover Künstler. So bekam beispielsweise Led Zeppelin-Altmeister Robert Plant zusammen mit der Country-Sängerin Alison Krauss den Grammy für “Gone Gone Gone (Done Moved On)” (“Best Pop Collaboration With Vocals”), Saxofonist Michael Brecker wurde posthum mit zwei Preisen bedacht (“Best Jazz Instrumental Solo” und “Best Jazz Instrumental Album”, in beiden Fällen für sein Album “Pilgrimage”) und der Bassist und Arrangeur John Clayton wurde für sein Arrangement von “I’m Gonna Live Till I Die” ausgezeichnet, das der für Queen Latifahs Album “Tray’lin Light” geschaffen hatte. Unterm Strich also war die 50. Grammy-Verleihung ein großer Erfolg für die Jazzwelt.
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