Elina Duni | News | Albanische Poesie zu modernen Jazzklängen vom Elina Duni Quartett

Albanische Poesie zu modernen Jazzklängen vom Elina Duni Quartett

Nach zwei Alben für ein kleines Independent-Label hat die Sängerin Elina Duni mit ihrem Schweizer Quartett nun ihr erstes Album für Manfred Eichers ECM-Label aufgenommen: “Matanë Malit” ist eine klangvolle Hommage an ihr Vaterland Albanien.
Elina Duni
Elina Duni© Blerta Kambo
18.09.2012
Mit “Matanë Malit” (zu deutsch: “Jenseits des Berges”) legt die Sängerin Elina Duni ihr ECM-Debütalbum vor, das eine Hommage an ihr Geburtsland Albanien ist. Dabei betrachtet sie ihre Wurzeln aus der zeitgenössischen Perspektive einer Musikerin, die sich mit improvisatorischen Prozessen beschäftigt. Denn die Erfahrungen, die sie zuvor im Jazzbereich gesammelt hat, durchdringen auch ihre Auseinandersetzungen mit den Volksliedern des Balkans – wobei sie der Atmosphäre, der Klanggestaltung, der Greifbarkeit der Strukturen und der Bedeutung der Worte besondere Aufmerksamkeit widmet. “Es geht darum, den Songs zu dienen”, erklärt sie, “aber auch darum, sie zurückzugewinnen und neu zu erfinden.”

Über Klassik, Blues und Jazz zurück zu ihren albanischen Wurzeln

Elina Duni war zehn Jahre alt, als sie 1992 mit ihren Eltern aus Albanien fortzog und in die Schweiz ging. Zur den Liedern ihres Vaterlandes fand sie erst nach Abstechern in die klassische Musik, den Blues und die Jazzstandards zurück. Den Ausschlag dazu gab der Schweizer Pianist Colin Vallon. Mit ihm bildete Duni 2004, noch während des gemeinsamen Studiums an der Berner Hochschule der Künste, ein Duo. Und Vallon überredete sie damals dazu, in ihrer Muttersprache zu singen. “Ich verliebte mich in die alten Lieder und stellte fest, dass ich sie nicht nur singen und fühlen konnte, sondern dass ich hier zu meiner eigenen Stimme fand, die sich auf sehr natürliche Weise Bahn brach”, erinnert sich Duni. “Es war, als hätte sie nur darauf gewartet, aktiviert zu werden.” Obwohl sie in Tirana aufwuchs, kam Duni, die aus einer Künstlerfamilie stammt, mit der albanischen Volksmusik kaum in Berührung. Die staatlich geförderte Folklore war zu Agitprop-Material für sozialistische Themen verkommen. Und so wie viele Intellektuelle und Künstler des Landes distanzierte sich davon auch Dunis Familie.

Eine Mischung aus traditionellen Volksliedern und traditionell klingenden Originalen

Erst seit relativ kurzem beschäftigte sich Elina Duni ernsthaft mit dieser Musik und erfuhr nebenher auch mehr über die unruhige Geschichte der Region. Sie stieß auf viele Songs von wirklicher Schönheit und Kraft, ältere Lieder aus ihrem Vaterland und seiner weit verstreuten Diaspora. “Matanë Malit” enthält Stücke über Liebende, Helden, Arbeiter, Hirten, Exilanten und den Widerstand. Es sind traditionelle Songs, die von Elina Duni arrangiert wurden. Aber es gibt auch einige Originale, die in Anlehnung an die musikalische Tradition Albaniens geschrieben wurden.

Die musikalischen Interpretationen übermitteln die Essenz der albanischen Poesie

Im Laufe der letzten paar Jahre ist ihr Quartett zu einer subtilen Einheit von großer künstlerischer Reichweite aufgeblüht. Die Musiker scheinen die Texte zu verinnerlichen. “Wir fokussieren all die Intensität, die diese Poesie braucht”, meint Colin Vallon ”Wir haben versucht, ihre Essenz durch unsere musikalische Interpretation zu übermitteln. Für mich ist jegliche improvisierte Musik eine Form des Jazz. Wir fühlen uns nicht verpflichtet, einen Song zweimal auf dieselbe Art zu spielen.”

Was wirklich zählt, sind die gemeinsamen Kreationen und das Experimentieren

Colin Vallon, der schon seit langem Sänger zu seinen größten Einflüssen zählt, wirkt am Klavier oft wie eine antwortende Stimme. Bassist Patrice Moret, der sowohl im Elina Duni Quartet als auch im Colin Vallon Trio durch kühne Notenwahl besticht, interagiert sehr überzeugend mit Schlagzeuger Norbert Pfammatter. Duni macht keinen Hehl daraus, dass das, was sie alle zusammen kreieren, von größter Bedeutung ist. “Ich wollte nie eine Sängerin mit einem Begleittrio sein. Deshalb gab ich den Musikern von Anfang an Raum zum Improvisieren und experimentierte auch mit meiner Stimme. Sie ist ein weiteres Instrument. Im Laufe der Zeit haben wir ein Verständnis entwickelt, das uns erlaubt, uns in jede nur mögliche Richtung zu bewegen…”

Elina Duni Quartet auf Gastspielreise durch Deutschland

Nach zwei Alben für das kleine Label Meta Records – “Baresha” (2008) und “Lume Lume” (2010) – erreicht das Elina Duni Quartet auf “Matanë Malit” ein neues Level. Bevor die Band im Oktober auf eine Tournee durch die USA geht, kann man sie noch in Deutschland live erleben: Am 11. Oktober tritt sie beim Jazzmeeting im Berliner Kesselhaus auf und am 18. Oktober, anlässlich der Jazz-Pott-Preisverleihung an Elina Duni, im Essener Grillo-Theater. Nach der Rückkehr aus den USA geht es dann im November mit Konzerten in Altenburg (22.11.), Potsdam (23.11.), Bochum (24.11.), München (29.11.) und Ravensburg (30.11.) weiter.
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