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Charles Pasi – ein nicht domestizierbarer Künstler

Auf seinem zweiten Blue-Note-Album “Zebra” beweist der Sänger, Mundharmonikaspieler und Gitarrist Charles Pasi, dass er sich partout nicht in eine stilistische Schublade stecken lässt.
Charles Pasi - Zebra
Charles Pasi - Zebra
05.02.2021
Als in Frankreich vor ein paar Jahren bekannt wurde, dass Charles Pasi einen Plattenvertrag von Blue Note erhalten sollte, war die Jubelstimmung in der Szene groß. Denn Pasi, der in seiner Heimat gerne mit dem quirligen Briten Jamie Cullum verglichen wird, schrieb damals ein Stück Musikgeschichte. Als erstem französischen Sänger (und Mundharmonikaspieler) war es ihm gelungen, bei dem renommierten US-Jazzlabel unterzuschlüpfen. Und mit seinem Debütalbum “Bricks” machte Pasi auch sofort klar, dass er die Vorschusslorbeeren redlich verdient hatte. Es war ein Album von eleganter Intensität und sich ständig verändernden Klangfarben (stilistisch changierend zwischen Jazz, Blues, Pop und Soul), das zugleich ausgefeilt arrangiert und doch auf das Wesentliche reduziert war. Jetzt legt der 37-Jährige mit “Zebra” sein zweites Album nach, an dem er zwei Jahre lang gearbeitet hat, während er mit dem Repertoire von “Bricks” kreuz und quer durch die ganze Welt tourte.
Der Titel des Albums kommt nicht von ungefähr. Das Zebra ist ein außergewöhnliches Tier, das Forschern noch heute Rätsel aufgibt. Auf der Suche nach Nahrung und Wasserstellen legt es oft immense Strecken zurück. Vielleicht kann sich Charles Pasi deshalb so gut mit ihm identifizieren. Denn er selbst ist ähnlich ruhelos, stets auf der Suche nach neuer Nahrung, um seinen kulturellen Appetit zu stillen. Und noch etwas anderes verbindet ihn mit dem Zebra: beide gelten als nicht domestizierbar. Dies alles mag erklären, warum Charles Pasi seinem zweiten Album für Blue Note den Titel “Zebra” gab. Dass er wie das Zebra auch im Stehen schläft, darf dagegen bezweifelt werden.
Eingespielt hat Pasi, der hier auch an der Gitarre zu hören ist, das Album maßgeblich im Trio mit dem Pianisten, Organisten und Keyboarder Fred Dupont sowie dem Schlagzeuger und Perkussionisten Cyril Atef. Bei einigen Nummern gesellen sich zu den drei Hauptprotagonisten als Gäste außerdem noch Akkordeonist Vincent Peirani, Gitarrist Antoine Holler, Sänger Joseph Champagnon oder André Baille Barrelle am Moog-Bass.
“Ich wollte eine ‘wilde’ Platte machen, ganz ohne Demos und Proben”, erläutert Pasi das Konzept des Albums. “Ich habe Musiker zusammengetrommelt, die ich respektiere, von denen ich aber einige nicht persönlich kannte und die nie zuvor miteinander gespielt hatten. Wir trafen uns einfach im Studio, um herauszufinden, was passieren würde, mit all den Risiken und der Spannung, die damit verbunden sind. In einem Zeitalter, in dem Produzenten das Zepter in der Hand haben, wollte ich einfach nur Musiker spielen hören. Ich wollte weg vom Trend zum Metronomischen. Heutzutage ist alles zu durchdacht. Es ist, als ob wir nicht mehr länger das Recht hätten, Fehler zu begehen. Oder uns Missgeschicke zu leisten. Wir verschwenden unser Leben für einen einzigen Track. Das ist eine Schande!”
Die zehn neuen Songs, die allesamt aus Pasis Feder stammen, sind von wirklich wunderbarer Vielfalt. Mal kommt er wie in “Happy Single” cool groovend und soulig daher, dann wie in “Warm Embrace” bluesig-poppig. Zu den Highlights des Albums gehören auch noch das ebenso lakonische wie witzige “Hello Spain”, das leicht Dylanesk angehauchte “Monsters On The Ceiling”, die sublime Ballade “Silence” und das mit einem schleppenden Reggae-Rhythmus unterlegte “Don’t Blame Me”.
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