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Bugge Wesseltoft – Playing

Bugge Wesseltoft Eye
Bugge Wesseltoft Eye© Egil Henning Hansen
25.02.2009
Als Bugge Wesseltoft 2004 nach der Veröffentlichung von “Film’ing” bekanntgab, daß er sein populäres Projekt New Conception Of Jazz auf Eis legen wolle, war das Bedauern in der Szene groß. Sieben Jahre lang hatte der norwegische Keyboarder, Komponist und Produzent mit NCOJ jede Menge frischen Wind in die internationale Jazzszene gebracht. Doch nun sei das Konzept ausgereizt und er wolle sich verstärkt dem Spiel auf dem akustischen Piano zuwenden, ließ der mit allen möglichen stilistischen Wassern gewaschene Musiker wissen. Und so legte er nach einer kurzen kreativen Auszeit 2007 unter dem Titel “IM” das zweite Soloalbum seiner Karriere vor. Es war, wie Kritiker meinten, ein Album mit “verhalten schönen Klanginstallationen”, ein “anspruchsvoller und anregender Chill-Out für die ruhigen Momente des Lebens”. Danach bereiste Bugge mit seinem Soloprogramm ein ganzes Jahr lang die Welt, bevor er wieder ins Studio zurückkehrte, um sein nächstes Solowerk “Playing” einzuspielen Darauf präsentiert sich der Pianist genauso experimentierfreudig wie auf “IM”, aber zugleich wesentlich verspielter, melodienseliger und leichtfüßiger.
Kontemplative Pianosolostücke wie die hymnische Titelnummer, mit der das Album beginnt, und “Talking To Myself” wechseln sich ab mit gewitzten Wesseltoft-Originalen wie “Singing” und “Hands”, bei denen Bugge auch seine Stimmbänder einsetzt – ganz in der Tradition von früheren Aufnahmen wie “Somewhere In Between” und “Come On, Buddy (You Got Green Light)”. In dem von einem bluesigen Groove angetriebenen Stück “Hands” schlägt Bugge beispielsweise einen ebenso humorvollen wie faszinierenden Bogen von avantgardistischen Klangspielereien à la John Cage hin zum New-Orleans-Rhythm’n'Blues eines Professor Longhair.
Und wenngleich “Playing” in erster Linie ein akustisches Pianosoloalbum geworden ist, scheut sich Bugge Wesseltoft doch nicht, gelegentlich auf elektronische Hilfsmittel zurückzugreifen, um sein Ausdrucksspektrum zu erweitern: Ein Paradebeispiel dafür ist seine Interpretation des durch das Dave Brubeck Quartet weltbekannt gewordenen (aber von Paul Desmond geschriebenen) Klassikers “Take Five”, den Bugge zunächst rein akustisch vorstellt und danach in eine psychedelische Dub-Nummer verwandelt.
Das zentrale Stück des Albums ist aber das zweiteilige “Talking To Myself”, ein ausgesprochen elegischer und wunderschöner Pianomonolog, der sich über insgesamt zwanzig Minuten erstreckt und eine gewisse geistige Verwandschaft Bugge Wesseltofts mit impressionistischen Klangpoeten wie Bill Evans, Keith Jarrett und Ketil Bjørnstad verrät. Ganz sicher ist es auch eines der schönsten Stücke Musik, die der Norweger bisher geschaffen hat.
Sein Faible für perkussives Spiel lebt Bugge wiederum in Stücken wie “My House” aus: dabei bedient er sich allerdings keiner konventionellen Perkussionsinstrumente, sondern funktioniert sein Klavier kurzerhand zu einem solchen um.
Das Album beendet Bugge Wesseltoft mit einer wirklich unter die Haut gehenden Interpretation von Jimmy Cliffs Klassiker “Many Rivers To Cross”, der seine Wurzeln eher im Gospel als im Ska oder Reggae hat.