“Jazz ist immer, wenn ein Saxophon dabei ist”, meinte der deutsche Gitarrist Volker Kriegel einmal ironisch. Und tatsächlich erwies sich so mancher musikalische Trend der letzten Jahrzehnte, der zum Jazz hochgejazzt wurde, bei etwas genauerer Betrachtung eher als Etikettenschwindel. Der neuen Jazzwelle, die seit einiger Zeit aus Großbritannien über uns hinwegschwappt, kann man diesen Vorwurf allerdings nicht machen. Denn Künstler wie etwa Shabaka Hutchings mit seinen Sons Of Kemet, GoGo Penguin, Binker and Moses, das Ezra Collective oder Nubya Garcia mögen sich zwar für ihre Musik aus einer Vielzahl stilistischer Schubladen bedienen, verstehen ihr jazziges Improvisationshandwerk aber wirklich ausgezeichnet.
Dass die britische Jazzszene derzeit so munter wie schon lange nicht mehr ist, hat sich längst auch bis zur anderen Seite des Atlantiks herumgesprochen, wo sich historische Jazzlabels wie Blue Note und Impulse! Records mittlerweile darum reißen, junge Briten unter Vertrag zu nehmen, denn die erreichen nicht nur das angestammte Jazzpublikum, sondern auch neue, junge Hörerschichten.
Einen Beleg dafür lieferte kürzlich ein
Bericht der BBC. In ihm heißt es, dass sich Playlists wie
Jazz UK bei jüngeren Spotify-Nutzern wachsender Beliebtheit erfreuen. Allein in den vergangenen sechs Monaten legte die Zahl der Nutzer, die 30 Jahre oder jünger sind, um satte 108 Prozent zu. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen in Großbritannien auch andere Streaming-Plattformen wie Deezer und Amazon Music. Die positive Entwicklung spiegelt sich zudem bei Live-Veranstaltungen wie dem letzten “Love Supreme Jazz Festival” in East Sussex wider, wo das Publikum größer und jünger denn je war und alte Meister wie
Pharoah Sanders,
Tony Allen,
Dave Holland oder
Mavis Staples ebenso frentisch feierte wie
Chris Dave & The Drumhedz,
Nik Bärtsch’s Ronin oder eben die vielen jungen britischen Jazzkünstler und -bands. Ein erfreulicher Trend!