Mit seiner scharfen Zunge und bärbeißigen Art konnte Miles Davis selbst gestandene Mitspieler, die ihm durchaus gewachsen waren, aufs Äußerste verunsichern. Umso mehr natürlich aufstrebende Musiker, die noch etwas grün hinter den Ohren waren. Eine Geschichte, die man im Internet finden kann, handelt von einem jungen weißen (namentlich nicht genannten) Jazzbassisten, der sich in der Lokalszene von Boston gerade einen Namen gemacht hatte. Eines Tages erhielt er von einem Agenten einen Anruf, der ihm sagte, dass Miles Davis in der Stadt sei und für seinen erkrankten Bassisten kurzfristig einen Ersatzmann bräuchte. Er solle doch bitte sofort zum Veranstaltungsort eilen, um an einer Probe teilzunehmen. Als der Bassist dort ankam, wurde er kurz Miles und der Band vorgestellt und konzentrierte sich dann auf seine Arbeit. Es wurden nur wenige Worte gewechselt und der junge Protagonist war natürlich eingeschüchtert, weil er den Eindruck hatte, dass Miles ihn die ganze Zeit skeptisch musterte. Dann begann das Konzert. Die Band startete und Miles betrat die Bühne. Bei den ersten Nummern lief alles rund und der Bassist hatte schon das Gefühl, einen ziemlich beeindruckenden Einstand gegeben zu haben.
“Ich dachte nur, das läuft doch prima”, erinnert sich der anonyme Bassist. “Ich wurde etwas lockerer, als mir klar wurde, dass ich gut genug war, um mit Miles zu spielen. Als wir beim vierten Song sind, fängt Miles plötzlich an, sich seltsam zu benehmen. Er stolziert über die Bühne und als er an mir vorbeikommt, hält er inne und zeigt nach unten. Also fahre ich sofort die Lautstärke meines Basses herunter. Miles macht erneut die Runde, hält wieder vor mir an und zeigt erneut – diesmal mit Nachdruck und einem heftigen Kopfnicken – nach unten. Ich denke nur: ‘Ach du Scheiße, ich habe vor Miles Augen zweimal Mist gebaut.’ Und ich werde nervös. Das Spiel wiederholt sich noch fünf-, sechsmal. Jedes Mal zeigt sein Finger nachdrücklicher nach unten, zunehmend aggressiver und irgendwann regelrecht verärgert. Ich habe meinen Bass inzwischen so weit runtergefahren, dass man ihn gar nicht mehr hören kann. Und Miles signalisiert mir immer noch, ihn weiter runterzufahren. Als er sich mir wieder nähert und einmal mehr nach unten zeigt, platzt mir der Kragen und ich schreie ihn an: ‘Miles, ich habe die Lautstärke schon komplett runtergefahren! Was willst du eigentlich von mir?’ Daraufhin nimmt er mich in den Arm und brüllt mir mit seiner heiseren Stimme ins Ohr: ‘Schau dir endlich meine geilen Schuhe an, du Muthafuckaaaa!!!!’”
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