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Black Power in Samthandschuhen – neues Ambrose-Akinmusire-Album

Mit “on the tender spot of every calloused moment” legt Trompeter Ambrose Akinmusire ein Album vor, das die Komplexität des Lebens der Schwarzen im heutigen Amerika zu erklären versucht.
Ambrose Akinmusire - on the tender spot of every calloused moment
Ambrose Akinmusire - on the tender spot of every calloused moment
10.06.2020
Der gewaltsame Tod von George Floyd am 25. Mai 2020 hat in den USA überwältigende Proteste entfacht, die sich schnell wie ein Lauffeuer um den ganzen Globus ausgebreitet haben. Die Ereignisse der vergangenen zwei Wochen unterstreichen traurigerweise auch die unverminderte Wichtigkeit von gesellschaftlichen und politischen Statements, wie sie der Trompeter Ambrose Akinmusire auf seinem neuen Blue-Note-Album “on the tender spot of every calloused moment” abgibt. Besonders deutlich wird er dabei in Titeln wie “Blues (We measure the heart with a fist)” und “Hooded procession (read the names out loud)”.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Trompeter, der als Sohn nigerianischer Einwanderer 1982 im kalifornischen Oakland zur Welt kam, mit dieser brisanten Thematik auseinandersetzt. Er tat dies bereits 2011 auf seinem Blue-Note-Debüt “When The Heart Emerges Glistening”, dann wieder 2014 auf “The Imagined Savior Is Far Easier To Paint” und auch 2018 auf “Origami Harvest”. “Ich betrachte die neue Platte in gewisser Weise als Fortsetzung meiner ersten Aufnahme [für Blue Note]”, bestätigt Akinmusire dann auch. “Ich kehre zu den Marksteinen meines ersten Albums zurück.”
Allerdings ist sein unverkennbarer Ton mittlerweile etwas gedämpfter geworden, die schneidende Schärfe früherer Aufnahmen einer lyrischen, reiferen Eleganz gewichen. Akinmusires Eindringlichkeit hat darunter nicht gelitten. Mit “on the tender spot of every calloused moment” bestätigt er nicht nur, dass er einer der weltbesten Jazztrompeter der Gegenwart ist. Er setzt seine Stimme auch dafür ein, die Komplexität des Lebens der Schwarzen in Amerika zu analysieren.
Dabei klingt Akinmusire keineswegs düster, schwermütig oder pessimistisch. Durch seine Trompete strömt vielmehr der Atem eines schwarzen Künstlers, der in seinem Leben das Beste und das Übelste des Landes kennengelernt hat. In elf unter die Haut gehenden Nummern reflektiert er über seine eigenen Erfahrungen und transformiert diese in hinreißende, unablässig die Gestalt verändernde Kunst. Mit dem Titel “Roy” nimmt er darüber hinaus auf bewegende Weise Abschied von seinem Freund und Mentor Roy Hargrove, der im November letzten Jahres verstarb.
Eingespielt hat Akinmusire das Album mit drei langjährigen musikalischen Partnern, die ihn teilweise schon seit 2008 begleiten: Pianist Sam Harris, Bassist Harish Raghavan und Schlagzeuger Justin Brown. Verstärkt hat er diese Band durch den kubanischen Perkussionisten und Vokalisten Jesús Díaz. Als Gast ist in “Cynical Sideliners” außerdem die Sängerin Genevieve Artadi vom Indietronica- und Jazz-Funk-Duo Knower zu hören.