Keith Jarrett Trio 1983 - 2013 | News | Die große Serie zum Jubiläum: Folge Nr. 08 - 'At The Blue Note'

Die große Serie zum Jubiläum: Folge Nr. 08 – ‘At The Blue Note’

In dieser Folge präsentieren wir Ihnen das Album ‘At The Blue Note’, aufgenommen im Juni 1994. Die Serie begleitet die Veröffentlichung des neuen Albums ‘Somewhere’.
Keith Jarrett Trio - At The Blue Note
Keith Jarrett Trio - At The Blue Note© ECM Records
11.06.2013
Vor genau 30 Jahren, im Jahr 1983, hat das Keith Jarrett Trio sein erstes Album für das Label ECM veröffentlicht. Unvergesslich ist die Vielzahl an Veröffentlichungen, die weltweit Millionen von Musikfans begeistert haben. Grund genug für uns, eine kleine Retrospektive auf die Alben des Trio zu schreiben. Neben dem, was uns mit dem Trio verbindet interessiert uns aber besonders Ihre Meinung. Deshalb haben wir eine Leseraktion gestartet bei der Sie auch etwas gewinnen können. Einfach unten auf den Link klicken.

Acht Alben mit Standards hatten Keith Jarrett, Gary Peacock und Jack DeJohnette in den elf vorangegangenen Jahren schon aufgenommen, als sie im Juni 1994 drei Abende lang im New Yorker Jazzclub Blue Note gastierten. Produzent Manfred Eicher beschloss die Auftritte für ein einzigartiges Tondokument von der ersten bis zur letzten Note mitzuschneiden: auf den sechs CDs, die dabei entstanden, bewies das Trio nicht nur seine eigene Vielseitigkeit, sondern auch die der sogenannten Jazzstandards. Das Repertoire umfasste 32 unterschiedliche Broadway-, Hollywood- und Tin-Pan-Alley-Stücke, Jazzballaden, Bebop- und Swingnummern sowie sieben eingestreute und teils mit Standards gekoppelte Eigenkompositionen Jarretts: “Partners” und “No Lonely Nights” (die beiden einzigen Titel, die an diesen Abenden zweimal gespielt wurden),“Bop-Be”, “Muezzin”, “The Fire Within”, “Joy Ride” und “Desert Sun”.

Was Jarrett zuvor schon in seinen legendären Solo-Performances zelebriert hatte, gelang ihm hier nun auch im Zusammenspiel mit Peacock und DeJohnette. Die Improvisationen über “Autumn Leaves”, “I’ll Fall In Love Too Easily – The Fire Within” und Jarretts “Desert Sun” gerieten zu epischen Monumentalen von fast halbstündiger Länge, die das ganze Potential des Trios, seinen unbändigen Ideenreichtum offenbarten. “Jarrett lässt jede neue Note wie eine Entdeckung klingen”, schrieb die New York Times damals in einer Konzertbesprechung. Keine Frage: hier waren drei Meister am Werke, die das zeitweilig als anrüchig empfundende Spielen von Jazzstandards dank ihrer grenzenlosen Kreativität wieder salonfähig gemacht hatten.

“Kreativität will Weile haben”, meinte Stereoplay in einer Rezension der 6-CD-Box. “Dies gilt umso mehr, je sensibler der Künstler auf seine Umgebung hört. Und es gilt paradoxerweise für Musiker gerade in Live-Situationen, im Kontext der Improvisation, des direkten Reagierens. Keith Jarrett vergleicht den Gang auf die Bühne mit einem Rendezvous: ‘Man hofft, ein Rendezvous mit Musik zu haben. Man weiß, die Musik ist da, aber dieses Zusammentreffen hängt nicht nur von Wissen ab, sondern von Offenheit.’ Mit seinem Standards-Trio (Gary Peacock, Doppel-Bass, Jack DeJohnette, Drums) begeistert der Starpianist nun bereits seit zwölf Jahren die Musikwelt. Bei jeder neuen Einspielung, so ähnlich zur vorhergenden sie auch dem flüchtigen Zuhörer vorkommen mag, reizt es immens, Vergleiche anzustellen, frühere Dialoge der glorreichen Drei über den klassischen Themen des ‘Great American Songbook’ zu Rate zu ziehen. Insofern ist der vorliegende Komplettmitschnitt von sechs Live-Sets an drei Juni-Abenden 1994 im New Yorker Blue Note ein phantastischer Werkstattbericht. Einen ähnlich tiefen Einblick in den freien Fluss der Jarrettschen Eingebung boten nur die (ebenfalls auf sechs CDs veröffentlichten) Soloaufnahmen der ‘Sun Bear Concerts’. ‘Think Of Your Ears As Eyes’ – ‘Denken Sie sich Ihre Ohren als Augen’, riet Jarrett damals, 1976, seinen Zuhörern. Bald zwei Jahrzehnte später spricht er von Inhalt statt Gewohnheit und mechanischer Muster, von Überraschung statt routinierter Virtuosität, davon, mit weniger mehr zu sagen. Und all dies macht Jarrett mit seinen fabelhaft aufgelegten Kompagnons anschaulich. Mal energisch zupackend, mal weich, elegant und fließend geht dieses Trio den Themen auf den Grund. Und auch die Tontechnik (ECM-Hausingenieur Jan Erik Kongshaug) hatte drei große Tage. Wohl dem, der live dabei sein konnte.”