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Kaum veröffentlicht, schon Rarität – Coltranes Deluxe-LP

Da haben die Fans sogar das Impulse-Label überrascht: die Deluxe-LP des verschollenen Coltrane-Albums “Both Directions At Once” wurde weltweit zum Verkaufsschlager – mit Lieferproblemen. Zurecht?
Plattenteller - Both Directions At Once
Plattenteller - Both Directions At Once
26.07.2018
Seit einigen Wochen ist es nun veröffentlicht, John Coltranes Album “Both Directions At Once”, wurde von der Kritikerschar in höchsten Tönen gepriesen und schaffte es in vielen Ländern sogar bis an die vorderen Plätze der Pop-Albumcharts. Ein interessantes Detail: besonders die Deluxe-LP des Albums erfreut sich größter Beliebtheit. Wochenlang kamen die Presswerke nicht damit hinterher, die ohnehin schon limitierte Auflage an LPs herzustellen. Wer also eine der LPs besitzen möchte, sollte sich umschauen, wo er sie noch bekommt und dann nicht allzu lange mit der Kaufentscheidung hadern.
Wie es zur Wiederentdeckung des Albums kam, haben wir auf dieser Seite schon ausführlich berichtet: Am 6. März 1963 schlenderte die gern als klassisches Coltrane-Quartett bezeichnete Formation in Rudy Van Gelders Studio, nahm von 13:00 bis 18:00 Uhr einige Titel auf und verschwand anschließend in Richtung Birdland, wo die Viererbande ein zweiwöchiges Engagement an Seite Thelonious Monks und Art Blakeys Jazz Messengers absolvierte. Über ein halbes Jahrhundert lang war das so ziemlich alles, was man über diese Aufnahmen wusste. Und je mehr Wasser den Hudson hinunterfloss, desto fantasievoller rankten sich die Legenden rund um diese Session, deren Bänder irgendwann verloren gingen und die der Welt für immer vorenthalten zu bleiben drohte. Wäre da nicht eine vergessene Bandkopie gewesen, die im Nachlass von John Coltranes erster Frau Naima entdeckt wurde.
Ist die oben genannte Doppel-LP des Albums denn nun wirklich ein so begehrenswertes Stück? Wir finden ja und haben sie uns mal genauer angeschaut. Die Freude fängt schon beim Cover an: die Pappe des Gatefold-Albums ist von außergewöhnlicher Qualität. Außen matt und innen glänzend, der Rücken in bewährter, klassischer Impulse-Gestaltung: schwarz, weiß, orange. Alle vier Cover-Seiten sind mit in entgegengesetzte Richtungen weisenden (irgendwie logisch oder?!) “Play-Button”-Dreiecken gestanzt. Name und Titel auf dem Front-Cover, als auch das Tracklisting auf dem Backcover sind aufwendig geprägt. Noch bevor man eine der beiden Langspielplatten auf den Teller gelegt hat, ist klar: Das hier ist was Besonderes. Und es hört nicht auf: Auf den beiden Innenseiten finden sich jeweils zwischen den Stanzungen Quinten- bzw. Quarten-Zirkel, die selbst musikalischen Analphabeten vermitteln: So verdammt komplex können tonale Beziehungen sein.
Die Beilage besteht aus einem vierteilig faltbaren Poster, das alle vier Akteure bei den Aufnahmen abbildet und damit einen Einblick in die unkomplizierte und offensichtlich entspannte Atmosphäre im Studio gibt. Das Wenige an Technik (Kabel, Mikrophone, etc.), was hier zu sehen ist, dürfte ein Hinweis auf die exzellenten Qualitäten sowohl der Musiker als auch der verantwortlichen Studio-Techniker sein. Auf der Rückseite des Posters finden sich Ashley Kahns extensive und erhellende Liner-Notes, die das Album und seine unglaublich zu nennende Entstehung kontextuell einordnen. Die mit vier treffenden Coltrane-Portraits bedruckten Innenhüllen enthalten die mit originalem Impulse-Label versehenen und exzellent gemasterten beiden 180-Gramm Pressungen.
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