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Dee Dee Bridgewater – J’ai Deux Amours

25.02.2005
“Dee Dee Bridgewater ist eine der wenigen zeitgenössischen Jazzsängerinnen, die genügend Kessheit und Stil haben, um es mit Ella Fitzgerald, Sarah Vaughn oder Carmen McRae aufnehmen zu können. Sie ist voller Überraschungen.” (Jazz Times)
“J’ai Deux Amours”, Dee Dee Bridgewaters zauberhafte neue CD mit französischen Liebesliedern, ist ein Projekt, das beinahe zehn Jahre brauchte, um heranzureifen. Es ist ein leidenschaftlicher Song-Zyklus, der die Geschichte einer Liebesaffäre (im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne) und all die damit verbundenen Emotionen nachzeichnet. “J’ai Deux Amours” ist ein Projekt, das Bridgewater wirklich am Herzen lag. Die zwölf Stücke dieses Albums, die allesamt auf wunderbare Weise für Bridgewaters großartigen Stimmumfang, ihre Ausdruckskraft und ihren scharfen Witz maßgeschneidert scheinen, reflektieren verschiedene Epochen in der Geschichte der französischen Musik.

Das Konzept für “J’ai Deux Amours” begann schon Mitte der 90er Gestalt anzunehmen, als Dee Dee noch ihren festen Wohnsitz in Paris hatte. “Mein Aufenthalt in Frankreich war (und ist weiterhin) eine heilsame Zeit, eine Zeit, in der ich als Frau und Künstlerin wachse und in der ich den Rest der Welt entdecke”, erzählt Bridgewater. “Als ich begann, mich nach Songs umzusehen und die dazugehörigen Notenblätter aufzustöbern, fügten sich die Einzelteile zu einer Geschichte zusammen, die unverkennbar sowohl mein Privatleben als auch meine Liebe zu Frankreich und dem französischen Volk widerspiegelte.”

Mit Ausnahme von “Girl Talk” sind sämtliche Songs von “J’ai Deux Amours” französischen Ursprungs, und die meisten von ihnen waren auch in ihrer englischen Variante Hits. “J’ai deux amours” und “La vie en rose” auszuwählen war ein absolutes Muß, weil die beiden Lieder Paris und Frankreich symbolisieren – das erste Stück assoziiert man mit der legendären Chanteuse Josephine Baker, einer weiblichen Ikone der Afroamerikaner, und das andere mit Edith Piaf, für die Bridgewater ebenfalls große Bewunderung hegt. “La belle vie” ist sowohl eine Verbeugung vor dem Komponisten Sacha Distel (der am 23. Juli 2004 verstarb) als auch vor Betty Carter, die dieses Lied unter dem englischsprachigen Titel “The Good Life” in ihrem Repertoire hatte und zu den großen Vorbildern von Dee Dee zählt. “Dansez sur moi”, die französische Version von “Girl Talk”, stammt von dem ebenfalls in diesem Jahr (am 4. März 2004) gestorbenen Sänger und Poeten Claude Nougaro, mit dem Dee Dee Bridgewater in den 90er Jahren mehrfach im französischen Fernsehen auftrat. “Avec le temps”, komponiert von Léo Ferré, wurde zwar nie in englischer Sprache aufgenommen, ist aber im Original ein absoluter Klassiker.

Der Zufall wollte es, daß Bridgewater letztes Jahr vom renommierten Kennedy Center in Washington eingeladen wurde, zwei ganz besondere Valentintagskonzerte zu geben: Im Rahmen einer französischen Kulturwoche sollten auch “Les chansons françaises” gewürdigt werden. Dafür brauchte die Sängerin aber zum einen eine passende Band und zum anderen das richtige Material, das sie zudem noch in Französisch einstudieren mußte.

“Ich wollte eine akustische Band, aber nicht in der traditionellen Besetzung mit Piano, Baß und Schlagzeug”, verrät Dee Dee Bridgewater. “Mir schwebten Gitarre, Baß, Percussion und ein Knopfakkordeon vor. Die Besetzung für die ersten drei Instrumente zu finden, war einfach, weil die perfekten Musiker schon in meiner Band spielten: Louis Winsberg, Ira Coleman und Minino Garay. Seit der Zusammenarbeit bei der Einspielung von ‘This Is New’ hatte sich zwischen uns eine tolle musikalische Beziehung entwickelt. Das Problem war der Akkordeonspieler. Die Lösung fand mein Ehemann [Jean-Marie Durand], der mir Marc Berthoumieux vorstellte.”

Danach machte sich die Sängerin mit Daniel Richard von der französischen Jazzabteilung von Universal Music auf die Suche nach adäquaten Songs, die eine leicht wiedererkennbare Melodie haben sollten, weil Dee Dee vorhatte, das Repertoire größtenteils in Französisch vorzutragen. Die Musiker reisten am 11. Februar 2004 nach Washington, um sich dort mit Dee Dee Bridgewater zu treffen und innerhalb von nur zweieinhalb Tagen die Arrangements auszuarbeiten und das Material einzuüben. Die Sängerin mußte sich zudem noch daran gewöhnen, in Französisch zu singen. Obwohl die Künstlerin selbst mit einem gewissen Schauder an die beiden Konzerte zurückdenkt (weil es nicht ganz so gelaufen war, wie es ihr vorgeschwebt hatte), war die Reaktion des Publikums schlichtweg überwältigend. Im Publikum wurden nicht wenige Stimmen laut, die eine Aufnahme dieser Musik forderten. Sechs Monate später ging die Sängerin, nun wesentlich besser ihrer neuen Rolle als “französische Chanteuse” gewachsen, tatsächlich ins Aufnahmestudio, um dort “J’ai Deux Amours” einzuspielen.

“J’ai Deux Amours” ist Dee Dee Bridgewaters sechzehnte CD und die erste Veröffentlichung nach ihrer vor drei Jahren erschienenen Kurt-Weill-Hommage “This Is New”. In ihrer Karriere hat Bridgewater schon immer Genregrenzen überschritten. Ihre ersten professionellen Erfahrungen sammelte sie in den 70er Jahren als Sängerin der legendären Thad Jones-Mel Lewis Big Band. Danach trat sie mit Jazzgrößen wie Max Roach, Sonny Rollins, Dexter Gordon und Dizzy Gillespie auf. Nach einem Ausflug in die Welt der Popmusik in den 80er Jahren, siedelte sie nach Paris über, um sich dort wieder ganz dem Jazz zu widmen. Sie unterschrieb einen Vertrag bei Verve Records, der ihr ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht bei den Produktionen einräumte, und nahm mit “Keeping Tradition” 1993 das erste einer ganzen Reihe gefeierter Alben auf. Während sie für “Live in Paris” (1991), “Keeping Tradition” (1994), “Love and Peace” (1996) und “Live At Yoshi’s” (2001) “nur” Grammy-Nominierungen erhielt, wurde “Dear Ella” 1998 gleich mit zwei Grammys prämiert. Dazu gesellten sich in ihrer Trophäensammlung noch diverse Auszeichnungen aus u.a. Frankreich, Deutschland und Japan.

Interessanterweise hat Bridgewater parallel auch immer eine Musiktheaterkarriere verfolgt. Für ihre Rolle als Glinda im Musical “The Wiz” erhielt sie 1975 einen Tony Award. Darüber hinaus trat sie in den erfolgreichen Bühnenshows “Sophisticated Ladies”, “Black Ballad”, “Carmen Jones” und “Lady Day” auf. Letztere, eine Hommage an Billie Holiday, brachte Bridgewater eine Nominierung für den Laurence-Olivier-Preis als beste Musicaldarstellerin ein. Außerdem war sie die erste afro-amerikanische Schauspielerin, die – in einer Produktion am Théâtre Mogador in Paris – die Rolle der Sally Bowles in “Cabaret” verkörperte.

Momentan lebt Bridgewater mal in den USA und mal in Frankreich. Seit 2001 moderiert sie bei im National Public Radio (NPR) die Sendung “Jazzset”, außerdem ist sie Ehrenbotschafterin der United Nations' Food and Agriculture Organization. Ihre Alben haben sich weltweit millionenfach verkauft und auf ihren Tourneen rund um den Globus, füllt sie regelmäßig selbst die größten Konzerthäuser.

“'J’ai Deux Amours' ist meine Art, mich bei Frankreich zu bedanken, bei einem Land, das mich mit offenen Armen empfangen hat”, sagt Bridgwater. “Das Leben von mir und meinen Töchtern Tulani und China wurde und wir dort ungemein bereichert. Ich lernte dort meinen Mann Jean-Marie Durand kennen, mit dem ich einen Sohn – Gabriel – habe. Ich hatte dort eigene Fernseh- und Radiosendungen, drehte einen Fernsehfilm mit Charles Aznavour. Dort nahm ich ‘Precious Thing’ auf, ein unglaubliches Duett mit Ray Charles, und war die erste schwarze Darstellerin der Sally Bowles in ‘Cabaret’. Man verlieh mir den Ehrentitel ‘Officier des Arts et des Lettres’ und einen französischen Grammy (den ‘Victoire de la Musique’), benannte ein Theater und zwei Rosenarten nach mir. Nach mir, einem kleinen Mädchen aus Flint/Michigan! Wie Josephine Baker, ‘j’ai deux amours, mon pays et Paris’ (habe ich zwei Lieben, mein Land und Paris).”

Im März 2005 wird Dee Dee Bridgewater mit ihrem französischen Repertoire auch eine kleine Tournee durch den deutschsprachigen Raum unternehmen: am 3. März wird sie in Berlin auftreten, am 10. in Genf, am 11. in Luzern, am 15. in Hamburg und am 28. in Stuttgart.
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