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Aktuelles Album
ECM 40 Jahre - 1972
Nur vier Veröffentlichungen in diesem Jahr, drei davon mit Chick Corea. Der zweite Teil seiner „Piano Improvisations“ und zwei Ensemble-Aufnahmen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Circles „Paris Concert“ mit Braxton, Holland und Altschul mischt mit denkwürdiger Kreativität Einflüsse von Schönberg bis Miles und Free Jazz. Sechs Wochen später folgt „Return To Forever“, auf dem Corea einen neuen „kommunikativen“ Kurs mit pulsierendem elektrischem Piano, latinartigen Rhythmen, Airto Moreiras Schlagzeug und brasilianischer Percussion und dem muskulösen Bass der Neuentdeckung Stanley Clark einschlägt. Das Album stößt auf große Resonanz – Swing Journal erklärt es später zum einflussreichsten Album der 70er Jahre – und Coreas Band tourt mit viel Erfolg. Gleichzeitig überzeugt Manfred Eicher den Pianisten und den Vibraphonisten Gary Burton von den Vorteilen eines akustischen Duos. Auf dem Berliner Jazzfestival stellen Chick und Gary Material für ihr bevorstehendes Album „Crystal Silence“ vor und erobern das Publikum im Sturm.
Eine weitere wichtige Veröffentlichung ist „Facing You“, das Piano-Solo-Debüt von Keith Jarrett, das von einer kanadischen Zeitschrift als „the most beautiful sound next to silence“ gelobt wird. Auch der Spiegel zeigt Interesse: „Die derzeit besten Jazz-Aufnahmen sind in den meisten Plattenläden nicht zu bekommen. Nur im Postversand und durch ausgesuchte Spezialgeschäfte werden die (bislang 20) Langspielplatten der ‚Edition for Contemporary Music’ (ECM) vertrieben. Denn die zwischen London und Tokio als „mustergültig in Klang, Präsenz und Pressung“ (Fachblatt HiFi Stereophonie) gerühmte Produktion stammt nicht aus der Werkstatt eines großen Konzerns, sondern von einem – deutschen – Einzelgänger. Toningenieur, Aufnahmeleiter und Produzent der ECM Records ist der Münchner Manfred Eicher, 29.“
ECM 40 Jahre - 1979
Das Jahr beginnt mit dem Art Ensemble of Chicago und „Nice Guys“, das von den Kritikern für seine Verbindung aus „Great Black Music“ und Manfred Eichers panoramischer Produktion bejubelt wird. Mit Leo Smiths „Divine Love“ wird später noch mehr AACM-Musik folgen.
Don Cherry hat gleich zwei spektakuläre Auftritte, als Mitglied des neu aus der Taufe gehobenen Codona-Trios (mit Walcott und Vasconcelos) und mit Charlie Haden, Dewey Redman und Ed Blackwell (die wie er allesamt bei Ornette Coleman zur Schule gegangen sind) auf „Old And New Dreams“. Haden und Redman schlagen sich auch prächtig auf den drei LP-Seiten von „Eyes Of The Heart“, mit dem Jarretts amerikanisches Quartett seinen Abschied feiert.
John Surman bringt mit dem Solo „Upon Reflection“ endlich ein ECM-Album unter eigenem Namen heraus und ist auch auf Mick Goodricks „In Pas(s)ing“ dabei, dessen etwas bemüht wortwitziger Titel auf die Büroadresse von ECM im Münchner Stadtteil Pasing anspielt.
Zu den „Old Friends, New Friends“ auf Ralph Towners gleichnamigem Album gehört auch der Cellist David Darling, ein alter Bekannter aus den goldenen Zeiten des Paul Winter Consort.
Die überraschenden Klanglandschaften und das lebhafte Zusammenspiel auf dem (unbetitelten) gemeinsamen Album von Terje Rypdal, Miroslav Vitous und Jack DeJohnette reißen Village Voice zu Lobeshymnen hin: „Ein Rohdiamant, dominiert von Rypdals raumfüllenden Vokabular: das scharfe Knattern eines Metallblechs, eine polyphone Werkssirene, der Schrei einer Möwe. Das ist neue Musik!“
Pat Metheny erscheint in zweifacher Gestalt, als Folk- und Country-beeinflusster Sologitarrist auf „New Chautauqua“ und mit seinem poporientiertem Quartett auf „American Garage“.
ECM 40 Jahre - 1993
Jan Garbareks „Twelve Moon“ ist das 500ste Album auf ECM.
Michael Mantler, viele Jahre Co-Chef des New Yorker Watt-Labels, kehrt nach Europa zurück und findet auf ECM eine neue Heimat. „Folly Seeing All This“ ist das erste seiner „deutschen“ Alben; zur Besetzung gehören das Balanescu Quartett und – als Sänger des Titelstücks – Jack Bruce.
„Pendulum“ ist ein vielschichtiges Nur-Bass-Soloalbum von Eberhard Weber, während „Kulture Jazz“ den AACM-Trompeter Wadada Leo Smith als Multiinstrumentalisten zeigt.
John Abercrombie präsentiert auf „While We’re Young“ sein neues Orgel-Trio mit Dan Wall an der Hammond B3.
Zwanzig Jahre nach dem bahnbrechenden „Tales of Algonquin“ (auf Deram) setzen John Surman und der kanadische Arrangeur und Komponist John Warren ihre Zusammenarbeit mit dem Brass Project fort.
Ketil Bjørnstad, norwegischer Pianist und Romancier, debütiert mit „Water Stories“ (mit Terje Rypdal und Jon Christensen in Hauptrollen) auf ECM.
Keith Jarrett, Gary Peacock und Jack DeJohnette, alle mit praktischer Miles-Davis-Erfahrung, zollen dem großen verstorbenen Trompeter auf „Bye Bye Blackbird“ Tribut.
Das Kloster St. Gerold in den österreichischen Alpen wird zu einem wichtigen New Series-Schauplatz. Paul Gigers „Schattenwelt“ ist das erste von vielen Alben, die hier entstehen.
Meredith Monks erste Oper „Atlas“ wird positiv aufgenommen.
Keith Jarrett spielt Johann Sebastian Bachs Französische Suiten.
„Te Deum“ ist das erste Pärt-Album mit rein estnischer Besetzung – Kaljuste, das Tallinn Chamber Orchestra und der Estonian Philharmonic Chamber Choir sind ganz nach dem Herzen des Komponisten.
Kim Kashkashians „Lachrymae“ enthält Trauermusik von Hindemith, Britten und Penderecki
Heiner Goebbels gilt zunehmend als wichtiger zeitgenössischer Komponist. Unterstrichen wird dies von seiner ersten New Series-CD, auf der das Ensemble Modern mit „La Jalousie“ und anderen Stücken zu hören ist.
ECM 40 Jahre - 1981
Meredith Monks ECM-Debüt „Dolmen Music“, koproduziert von Collin Walcott, ist eine Offenbarung und so wenig klassifizierbar wie seine Schöpferin, die sich auch in den nächsten drei Jahrzehnten sämtlichen Schubladen verweigert. Komponistin, Improvisatorin, Choreographin, Vokal-Innovatorin – Monk ist all das und mehr.
Trios, Duos und Solos dominieren das diesjährige Programm. Alben konventioneller Jazzensembles sind in der Unterzahl. L. Shankar bringt mit „Who’s To Know“ eine atemberaubende Interpretation klassischer indischer Musik, mit Doppelvioline und Handtrommeln aus dem nördlichen und südlichen Indien, gespielt von Zakir Hussain (Tabla) und U.K. Sivaraman (Mridangam).
Thomas Demenga, später einer der wichtigsten Protagonisten der New Series, gibt ein erstes Gastspiel in quasi-improvisiertem Kontext – eine „Jamsession“ mit Komponist Heinz Reber. Ihr „Cellorganics“ ist ein Klangfarben und -schichten erforschendes Experiment für Cello und Orgel.
Overdubbing macht Schule: James Newton schichtet auf „Axum“ Flöten in allen möglichen Größen übereinander, bei Stephan Micus ist von der Shakuhachi bis zur Zither alles dabei, und Keith Jarrett spielt auf „Invocations“ Orgel und Sopransaxophon.
Wenn im Studio alles stimmt und die richtigen Helfer dabei sind, kann auch ein Duoprojekt ein immenses Klangerlebnis sein. Wie zum Beispiel „As Falls Wichita, So Falls Wichita Falls“ von Pat Metheny und Lyle Mays, zu dessen Sci-Fi-Dimensionen Nana Vasconcelos’ Percussion diskret beiträgt.
John Surman und Jack DeJohnette, seit den 60er Jahren befreundet und gelegentlich zusammenarbeitend, stellen auf „The Amazing Adventures of Simon Simon“ (von den Lesern von Jazz Forum später zum Album des Jahres gewählt) ihr Duo vor, das auch im 21. Jahrhundert noch aktiv ist.
ECM 40 Jahre - 1994
Die historische Begegnung zwischen Jan Garbarek und dem Hilliard Ensemble in St. Gerold ist „ein Rendezvous mit dem Unbekannten“, wie John Potter erklärt. Das Ergebnis, „Officium“, vereint Vokalmusik aus dem 12. bis 16. Jahrhundert mit modernem improvisiertem Saxophon.
Die Hilliards gastieren auch auf Gavin Bryars’ „Vita Nova“.
Kim Kashkashian und Keith Jarrett spielen gemeinsam Bachs Sonaten für Viola da Gamba und Cembalo ein.
„Bridge of Light“ enthält „klassische“ Kompositionen von Keith Jarrett. Mit dabei: ECM-Neuzugang Michelle Makarski (Violine).
Jan Garbarek und Anouar Brahem verbünden sich auf „Madar“, kraftvoll unterstützt von Tabla-Veteran Shaukat Hussain.
Sängerin und Geigerin Lena Willemark und der Multiinstrumentalist Ale Möller, Schlüsselfiguren des schwedischen Folk-Revivals, präsentieren jahrhundertealte Lieder in neuem Gewand.
Auf „Then Comes The White Tiger“ treffen Linda Sharrock und Wolfgang Puschnig auf die koreanischen Trommler der SamulNori, während sich Trevor Watts auf „A Wider Embrace“ mit Drummern aus Ghana umgibt.
„Dona Nostra“ ist das letzte Album des unvergessenen Trompeters und Freigeistes Don Cherry.
Von Heiner Goebbels gibt es unter dem Titel „Hörstücke“ ein Tripelalbum mit Texten von Heiner Müller.
Jon Balke hebt mit „Further“ das Magnetic North Orchestra aus der Taufe.
ECM 40 Jahre - 2001
„Morimur“, basierend auf den musikwissenschaftlichen Forschungen von Helga Thoene, ermöglicht dem Hörer, die „versteckten Choräle“ in Bachs Chaconne zu erleben, die dem Gedenken an seine Frau gewidmet sein sollen. Eine außergewöhnliche musikalische Detektivarbeit und eine atemberaubende Aufnahme, mit der Christoph Poppen und das Hilliard Ensemble ein großes Publikum anrühren.
Thomas Zehetmair ist Dirigent und Violinist der Camerata Bern auf „Verklärte Nacht“ mit Musik von Schönberg, Bartók und Veress.
In Luciano Berios „Voci“ fängt Kim Kashkashians Viola die emotionale Kraft des sizilianischen Gesangs ein, der die Komposition inspirierte. Verbunden werden Berios „Voci“ und „Naturale“ auf diesem ungewöhnlichen Album durch Originalaufnahmen sizilianischer Volkslieder.
Herbert Henck weckt neues Interesse für die Musik der amerikanischen Neuerer George Antheil und Conlon Nancarrow.
Energie und Hingabe des Zehetmair Quartetts machen ihr Album mit Streichquartetten von Hartmann und Bartók zu einer der meistbesprochenen Klassikproduktionen des Jahres.
Das Rosamunde Quartett spielt Joseph Haydns „Die sieben letzten Worte“ und erzeugt dabei „in perfekter Weise die andächtige Schwere, die das Werk fordert“ (The Strad).
András Schiff verleiht seinen Aufnahmen von Janáčeks „Im Nebel“, „Auf verwachsenem Pfad“, „Erinnerung“ und weiteren Stücken sehnsuchtsvolle Intensität. .
„Neenia“ erweckt die Musik Heino Ellers – auch dank des Begleittextes seines berühmtesten Schülers Arvo Pärt – zu neuem Leben.
Thomas Larcher stellt sich mit „Naunz“ auf ECM erstmals auch als Komponist vor.
„Words Of The Angel“, das Debüt des norwegisch/schwedischen Vokalensembles Trio Mediaeval, produziert von Ex-Hilliard-Sänger John Potter, stößt auf großes Interesse.
ECM veröffentlicht auf „In Montreal“ Live-Aufnahmen des Duos Charlie Haden und Egberto Gismonti aus dem Jahr 1989.
„April“, das ECM-Debüt der schweizerisch/deutschen Sängerin Susanne Abbuehl, fasziniert mit Eigenkompositionen, Musik von Carla Bley, vertonten Gedichten von E.E. Cummings, einem radikalen Remake von „Round Midnight“ und einem mitternächtlichen Raga.
Robert Wyatt und Susi Hylgaard spielen die Hauptrollen in Michael Mantlers „Hide & Seek“, basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück von Paul Auster.
Keith Jarrett, Gary Peacock und Jack DeJohnette sagen den Standards vorübergehend Ade, um frei und über Bluesmotiven zu improvisieren.