Chet Baker | Offizielle Biografie

Biografie

Chet Baker
Chet Baker
Wer Chet Baker in seinen letzten Lebensjahren begegnete, brauchte schon eine Menge Phantasie, um in ihm noch den Musiker wiederzuerkennen, der am Anfang seiner Karriere dank seiner Ähnlichkeit mit dem Schauspieler James Dean reihenweise die Herzen weiblicher Fans zum Schmelzen gebracht hatte. 58 Jahre alt war der Trompeter und Sänger, als er am 13. Mai 1988 in Amsterdam unter rätselhaften Umständen (angeblich aus dem Fenster seines Hotelzimmers) zu Tode stürzte. Gezeichnet von einer jahrzehntelangen Heroinsucht, erinnerte das eingefallene Gesicht und die ausmergelte Gestalt des ehemaligen Beaus eher an einen 80-Jährigen.
An die Nadel geriet der am 23. Dezember 1929 in Yale/Oklahoma geborene Chet Baker schon ziemlich am Anfang seiner wechselhaften Laufbahn. Zwar konnte sich Baker nie als stilistischer Innovator oder großer Songschreiber profilieren. Aber er eroberte das Publikum früh mit seiner hauchigen, lyrischen Tongebung auf der Trompete und einer sanften Stimme, die italienische Fans dazu brachte, ihn als “l’angelo con la tromba d’oro” zu bezeichnen: den Engel mit der goldenen Trompete.
Nach seinem Militärdienst und einem kurzen Musikstudium, das er nach nur zwei Semestern abbrach, machte sich Baker Anfang der 1950er Jahre in den Jazzclubs von San Francisco einen Namen, wo er u.a. mit Stan Getz zusammenspielte. Größere Bekanntheit erlangte er 1952 schlagartig, als ihn Charlie Parker für eine Reihe von Konzerten an der Westküste engagierte. Im selben Jahr wurde der Trompeter auch Mitglied im pianolosen Quartett des Baritonsaxophonisten Gerry Mulligan, an dessen Seite er zu einer der bedeutendsten Figuren der West-Coast- und Cool-Jazz-Szene aufstieg. Mit dem Pianisten Russ Freeman gründete Baker 1953 sein erstes eigenes Quartett, das in den folgenden drei Jahren eine ganze Reihe populärer Alben bei den Labels Pacific Jazz und Blue Note herausbrachte. 1953 und 1954 wählten die Leser der Jazzmagazine Down Beat und Metronome den jungen Aufsteiger – noch vor Miles Davis und Clifford Brown – zum Trompeter des Jahres. Als Stimmen laut wurden, dass er diese Erfolge vor allem der Tatsache zu verdanken hatte, dass er ein weißer Musiker war, nahmen ihn auch schwarze Kollegen wie Dizzy Gillespie in Schutz.
Obwohl Chet Baker zu einem der einer der größten Romantiker des Jazz verklärt wurde, führte er ein von Drogenexzessen zerstörtes, ganz und gar nicht romantisches Leben. Ab 1957 wurde seine Karriere immer wieder durch kürzere oder längere Gefängnis- und Krankenhausaufenthalte unterbrochen. Wie ein Boxer wurde er von den Drogen immer wieder ausgeknockt und kam manchmal erst auf die Beine, wenn er schon bei neun angezählt war. Zwischen diesen unfreiwilligen Auszeiten nahm Baker mal wunderbar geniale, mal schrecklich banale Alben auf. In seinen inspirierten Momenten entstanden u.a. Alben wie “Somewhere Over The Rainbow” (1962), “Once Upon A Summertime” (1977), “You Can’t Go Home Again” (1977), “Live In Montmartre, Vol. 2” (1979), “Chet Baker With Wolfgang Lackerschmid” (1979) und “Studio Trieste” (1982).
Von seiner Faszinationskraft hat der mythische Chet Baker bis heute nichts verloren. Erst vor kurzem drehte der kanadische Regisseur Robert Budreau mit dem Hollywood-Star Ethan Hawke in der Hauptrolle das Chet-Baker-Biopic “Born To Be Blue”, das sich auf die 1950er und 1960er Jahre konzentriert. Auf dem Album “Autour De Chet” zollen ihm 2016 außerdem französische und internationale Stars wie Benjamin Biolay, José James, das Duo Ibeyi, Erik Truffaz, Stéphane Belmondo, Hugh Coltman, Luca Aquino, Charles Pasi, Piers Faccini und Yael Naim mit Unterstützung von Pianist Bojan Z, Bassist Christophe Minck und Schlagzeuger Cyril Atef zeitgenössisch-stilvoll Tribut.